Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Stadt St.Gallen
07.02.2024
07.02.2024 16:39 Uhr

Kündigung bei Orell Füssli: Das sagt der Betroffene

Ist die Kündigung gerechtfertigt? Diese Frage beschäftigt den Betroffenen besonders.
Ist die Kündigung gerechtfertigt? Diese Frage beschäftigt den Betroffenen besonders. Bild: Archiv
Bei Orell Füssli St.Gallen ist Feuer unterm Dach. Wurde dem Filialleiter missbräuchlich gekündigt?

Ende Januar brach für den Ex-Filialleiter vom Orell Füssli in St.Gallen eine Welt zusammen: Wie ein Blitz aus heiterem Himmel flatterte ihm die Kündigung ins Haus. Von heute auf morgen. Der Grund: Unbekannt. Die Verwirrung: Gross. Die Gemüter: Erhitzt.

Doch der Reihe nach.

Am 31. Januar fand ein «gemeinsames Gespräch» in der Zentrale in Zürich statt. Der Ex-Filialleiter sagt auf Anfrage von stgallen24: «Kaum sass ich auf dem Stuhl, wurde mir von der Vertriebsleiterin direkt die Kündigung übergeben. Auf meine Nachfrage nach den Gründen wurde auf die Kündigungsfreiheit in der Schweiz verwiesen und mir mitgeteilt, dass sie sich einfach so entschieden habe.»

Er habe sofort Schlüssel und Laptop abgeben müssen. Anschliessend sei die St.Galler Belegschaft informiert worden, jedoch wurde auch ihr jegliche Erklärung verwehrt.

Aktiver und stiller Personalabbau

Schon länger rumort es beim Buchhändler. Bereits letztes Jahr wurden intern Personalsparmassnahmen angekündigt. So sei eine Einsparung geplant. Dies geht aus einem Dokument hervor, das stgallen24 vorliegt und vom Ex-Filialleiter bestätigt wird.

«Bereits im Dezember 2023 wurde mir von meiner direkten Vorgesetzten mündlich und schriftlich mitgeteilt, dass im Jahre 2024 für das Rösslitor eine Senkung der Personalkostenquote von 22,1 auf 18,0 Prozent verlangt wird, was mehreren Tausend Franken im Monat entspricht. Eine solche Senkung geht nicht ohne aktiven oder stillen Personalabbau.» Der Ex-Filialleiter definiert den stillen Personalabbau wie folgt: «Austretende Mitarbeiter werden nicht mehr ersetzt.»

Doch damit allein ist es nicht getan: Es sind weitere Sparmassnahmen geplant. Der Buchhändler macht es anderen Detailhändlern gleich und installiert Self-Scanning-Kassen. «Am 7. Februar werden sie installiert. Nach aussen wird schön blumig kommuniziert, dass das nur gemacht werde, damit die Mitarbeiter mehr Zeit für die Kunden haben.»

Diskussionen nicht nur über die Sparmassnahmen

Zusätzlich habe es Ende 2023 Diskussionen darüber gegeben, dass der Ex-Filialleiter eine reduzierte Präsenz an mehreren Ostschweizer Messen gefordert hat. Orell Füssli wollte aber eine massive Präsenz an den Messen.

«Die Vorbereitungen, die Durchführung und die Nachbearbeitung oblag dabei allein der Filiale Rösslitor, was mehrere Hundert Stunden an Aufwand pro Messe bedeutete. Der ganze Aufwand musste vom Personal zusätzlich zur täglichen Arbeit und ganz allein gestemmt werden.»

Der Kritikpunkt des Ex-Filialleiters ist, dass das Rösslitor die gesamte Firma Orell Füssli habe vertreten müssen, ohne dass von der Zentrale in Zürich Unterstützung gekommen sei.

All das läuft darauf hinaus, dass der Ex-Filialleiter vermutet, die Kündigung sei aufgrund der Meinungsverschiedenheiten rund um den Personalabbau ausgesprochen worden. Daher werde er rechtliche Schritte in Betracht ziehen. «Aktuell wurde zusammen mit der Rechtsschutzversicherung eine schriftliche Kündigungsbegründung bei Orell Füssli beantragt.»

Klarheit und rechtliche Schritte

So soll endlich Klarheit darüber geschaffen werden, was der Grund für die Kündigung ist. «Dann wird geprüft, ob die Kündigung missbräuchlich erfolgte. Wenn ja, wird dagegen rechtlich vorgegangen. Zudem wird ein allfällig nicht wohlwollendes oder nicht wahrheitsgetreues Arbeitszeugnis von mir auch vor Gericht angefochten werden.»

Auf die Frage, ob er auch bereit sei, sich aussergerichtlich zu einigen, findet der Ex-Filialleiter klare Worte. «Da müsste Orell Füssli mir schon sehr weit entgegenkommen und sich für das unprofessionelle Vorgehen entschuldigen.» Seiner Aussage nach sei dieses Vorgehen für eine so grosse Firma nicht gerechtfertigt.

Das sagt Orell Füssli

stgallen24.ch hat  Orell Füssli mit den Vorwürfen konfrontiert. Die Buchhändlerin zeigt sich nüchtern und bedacht. «Als Arbeitgeberin informieren wir die Belegschaft klar über eine Kündigung, was auch so passiert ist. Wir nennen jedoch nie einen Kündigungsgrund, um den Persönlichkeitsschutz der Betroffenen zu garantieren.»

Des Weiteren wird dementiert, dass die Kündigung aufgrund «kritischer Äusserungen zu angeblichen Sparmassnahmen ausgesprochen» wurde. Die Frage, ob Orell Füssli ebenfalls rechtliche Schritte einzuschlagen gedenke oder bereit wäre, sich aussergerichtlich zu einigen, wurde nicht beantwortet.

Doch das Zürcher Unternehmen findet klare Worte rund um den Vorwurf einer missbräuchlichen Kündigung. «Diesen Vorwurf weisen wir mit aller Schärfe zurück.» Ferner seien interne Leitungspersonen eingesetzt, um das St.Galler Team vor Ort zu unterstützen, den reibungslosen Ablauf sicherzustellen und die Stellvertretung zu begleiten.

Abschliessend lässt sich daher sagen, dass der Fall noch nicht abgeschlossen und davon auszugehen ist, dass er die involvierten Personen und die Medien noch eine ganze Weile beschäftigen wird.

Fabian Alexander Meyer / Jonas Schönenberger
Demnächst