Das Stiftsarchiv St.Gallen gilt heute nicht nur als ältestes noch erhaltenes Klosterarchiv Europas, sondern auch als eines der bedeutendsten. Seine Bestände gehören zum Weltdokumentenerbe der UNESCO. Diese einzigartige Überlieferung ist freilich nicht nur der Umsicht der Klosterarchivare seit dem frühen Mittelalter zu verdanken. Auch Zufälle, Beharrlichkeit und Verhandlungsgeschick haben bis in die Gegenwart dazu beigetragen, dass Dokumente, die teilweise während Jahrhunderten in fremden Archiven lagerten, dem Stiftsarchiv zurückgegeben werden.
Immer wieder verschwanden Dokumente
Das Kloster St.Gallen bewahrte seine wichtigsten Rechtsdokumente in mobilen Fluchtkisten auf, die bei Gefahr rasch in Sicherheit gebracht werden konnten. Doch nicht immer gelang die rechtzeitige Evakuation. Bei der Plünderung der Pfalz in der Reformationszeit kamen 1531 hunderte von wertvollen Dokumenten aus dem frühen Mittelalter abhanden. Viele von ihnen konnte Abt Pius Reher hundert Jahre später zurückkaufen. 50 Urkunden aus der Gründungszeit des Klosters wanderten jedoch bis nach Bremen, bevor sie der Kanton St.Gallen 1948 als Dankesgeschenk für sein humanitäres Engagement nach dem Zweiten Weltkrieg zurückerhielt.
Auch Archivgut, das anlässlich des Toggenburger Kriegs von 1712, der Revolutionszeit um 1798 oder der Klosteraufhebung 1805 verschleppt oder ausgelagert worden war, gelangte auf bisweilen abenteuerlichen Wegen wieder an den Ort ihrer Provenienz zurück. Diese Überlieferungsgeschichten sind spannend wie Kriminalromane und versprechen ein anregendes Ausstellungserlebnis.