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Stadt St.Gallen
22.01.2024
22.01.2024 14:31 Uhr

Ernani – ein neuer Blick auf Verdis Frühwerk

Die Premiere fand am Samstag, 20. Januar, statt.
Die Premiere fand am Samstag, 20. Januar, statt. Bild: Edyta Dufaj
Auf die Wiedereröffnungsproduktion des Paillard-Baus, Lili Elbe, folgt mit Ernani die zweite Opernproduktion der aktuellen Spielzeit. Sie bietet eine nicht ganz so häufige Möglichkeit, ein frühes, zeitgenössisch äusserst erfolgreiches Werk Giuseppe Verdis (wieder) zu entdecken. Gezeigt wird Ernani als Koproduktion mit Opera Ballet Vlaanderen (Antwerpen/Gent). Mit einer Kurzkritik von Stephan Ziegler.

Nach dem Musical Les Misérables kommt mit Ernani bereits zum zweiten Mal in der Spielzeit 2023/24 ein Stoff auf die Bühne, der auf eine Literaturvorlage von Victor Hugo zurückgeht: Verdis frühe Oper basiert auf Hugos Drama Hernani, einem Schlüsselwerk der französischen Romantik. Francesco Maria Piaves darauf aufbauendes Libretto erzählt vom Schicksal des Herzogs von Aragon, Ernani, der sich unter falscher Identität für den Tod seines Vaters am spanischen König Don Carlos rächen möchte und gegen ihn rebelliert. Zudem ist er in Elvira verliebt, die jedoch einem anderen versprochen ist.

Als sich herausstellt, dass auch der König Elvira heiraten möchte, findet sich Ernani in einem persönlichen und politischen Chaos wieder, das nur tragisch enden kann.

Nachdem die Koproduktion von Konzert und Theater St.Gallen und Opera Ballet Vlaanderen bereits Ende 2022, Anfang 2023 in Antwerpen bzw. Gent zu sehen war, wird sie in St.Gallen vom hauseigenen Opernensemble getragen. Eine zentrale Rolle spielen darüber hinaus das Sinfonieorchester St.Gallen unter der Leitung von Modestas Pitrenas sowie der Chor des Theaters St.Gallen und der Opernchor St.Gallen.

Ebenfalls zu sehen sein wird Birgit Bücker, ehemaliges Mitglied des St.Galler Schauspielensembles, die eigens für die Produktion verfasste Monologe des belgischen Autors Peter Verhelst spricht.

Ihre Rolle stellt Ernani eine mysteriöse Figur zur Seite, die seine Hoffnungen und Ängste auslotet.

Regie führt Barbora Horáková – auch sie keine Unbekannte in St.Gallen: 2022 brachte sie bereits Verdis Giovanna d’Arco auf die Festspielbühne. In Ernani zeigt sie Episoden aus dem Leben des Titelhelden: Erinnerungen, Wahnvorstellungen oder Alpträume, die nach und nach dessen wahre Identität enthüllen.

Im Wortsinn eines der Herzstücke des Bühnenbilds ist ein hochrealistisches, übergrosses Herz, das in Zusammenarbeit mit Kardiologen eigens für die Inszenierung entwickelt wurde. In ihm ist ein Motor verbaut, sodass es auf der Bühne sogar schlagen wird.

Die Premiere findet am Samstag, 20. Januar 2024 statt; weitere Informationen und Tickets finden Sie hier.

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Licht und Schatten

Die Premiere am Samstag, 20. Januar, ist gelungen: Das Publikum verdankte die Aufführung mit einem lang anhaltenden Applaus.

Keine Frage: Musikalisch und gesanglich vermochte das Ensemble rund um Modestas Pitrenas einmal mehr zu überzeugen. Perfekt gespielt und schön gesungen, um es auf einen Nenner zu bringen.

Dass sowohl Bühnenbild wie Kostüme modern gehalten sind: Daran hat man sich in der derzeit trendigen Regietheater-Welle nolens volens gewöhnt, auch wenn man gerne wieder einmal eine «normale», klassische Inszenierung sähe.

Ich muss aber zugeben, dass die Kostüme nicht unpassend und das Spiel mit Licht und Schatten richtig gut gelungen sind. Nur dass man König Carlos mit einer närrischen Krone entwürdigt, passt nicht so richtig ins Bild.

Mir persönlich hätte die Oper allerdings noch besser gefallen, hätten die Verantwortlichen auf die Monolog-Einschübe verzichtet. Für mich haben sie nichts zum Verständnis beigetragen; im Gegenteil, sie haben den Fluss der Oper – dem ich mich gerne entspannt hingebe – unterbrochen, um nicht zu sagen gestört. Einen Mehrwert habe ich darin nicht gesehen.

Mich mutet es immer etwas seltsam an, wenn jemand meint, er müsse ein Werk eines Meisters «ergänzen» – ich würde mir nie anmassen, etwas besser zu können als Giuseppe Verdi. Und so kompliziert ist die Handlung nun auch wieder nicht, als dass man ihr ohne Zwischenbemerkungen von Ernanis Anima nicht folgen könnte ...

Meine bessere Hälfte hingegen war ganz anderer Meinung; sie empfand die Monologe als bereichernd und meine Einstellung dazu als altmodisch.

Deshalb die Empfehlung: Schauen Sie sich Ernani an und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung.

Stephan Ziegler

Ernani

Oper in vier Akten

Musik von Giuseppe Verdi
Libretto von Francesco Maria Piave
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Mit Texten von Peter Verhelst in einer Übersetzung von Stefan Wieczorek

  • Musikalische Leitung: Modestas Pitrenas
  • Inszenierung: Barbora Horáková
  • Texte: Peter Verhelst
  • Ausstattung: Eva-Maria Van Acker
  • Video: Tabea Rothfuchs
  • Licht: Stefan Bolliger
  • Dramaturgie: Koen Bollen, Caroline Damaschke
  • Choreinstudierung: Franz Obermair
  • Regieassistenz: Fleur Snow
  • Inspizienz: Ivana Aeschbacher/Edith Ronacher

 

  • Ernani: Christopher Sokolowski
  • Ernanis Seele: Birgit Bücker
  • Don Carlos: Vincenzo Neri
  • Don Ruy Gomez de Silva: Kristján Jóhannesson
  • Elvira: Sylvia D'Eramo/Libby Sokolowski
  • Sopran Solo: Kali Hardwick/Jennifer Panara
  • Tenor Solo: Sungjune Park
  • Bass Solo: Msimelelo Mbali

Chor des Theaters St.Gallen
Opernchor St.Gallen
Sinfonieorchester St.Gallen

Vorstellungen

  • Samstag, 20. Januar 2024, 19 Uhr
  • Sonntag, 28. Januar 2024, 19 Uhr
  • Mittwoch, 31. Januar 2024, 19.30 Uhr
  • Sonntag, 4. Februar 2024, 14 Uhr
  • Freitag, 9. Februar 2024, 19.30 Uhr
  • Montag, 19. Februar 2024, 19.30 Uhr
  • Donnerstag, 22. Februar 2024, 19.30 Uhr
  • Sonntag, 3. März 2024, 17 Uhr
  • Sonntag, 10. März 2024, 19 Uhr
  • Dienstag, 12. März 2024, 19.30 Uhr
  • Donnerstag, 31. März 2024, 19.30 Uhr
  • Freitag, 19. April 2024, 19.30 Uhr

Die Einführungssoiree mit anschliessendem Probenbesuch findet am Dienstag, 16. Januar 2024 ab 18.45 Uhr statt.

Stückeinführungen finden am 28. und 31. Januar, am 4., 9., 19. und 22. Februar, am 3., 10., 12. und 21. März sowie am 19. April 2024 jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungbeginn im Studio statt.

Am 4. Februar 2024 gibt es Ernani zudem «im Doppel»: Während die Eltern die Nachmittags­vorstellung besuchen, erfahren die Kinder in einem Workshop allerlei über das Theater und das Stück, das gerade auf der grossen Bühne gezeigt wird. Dabei können sie sich gleich selbst im Singen, Spielen oder Tanzen ausprobieren. Start ist um 13.45 Uhr im Studio bzw. Theaterfoyer.

konzertundtheater.ch/programm

pd/stz.
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