Der Gemeinderat Teufen hatte im Frühjahr bereits die 799 beglaubigten Unterschriften eingereichte Initiative, die eine Abstimmung über die Doppelspur der Appenzeller Bahnen im Dorfkern verlangte, mit fadenscheinigen Gründen für ungültig erklärt. «Nun hebelt der Gemeinderat mit seinem Präsidenten an der Spitze ein zweites Mal die Demokratie aus und entmündigt die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in einer Frage, die für die Zukunft Teufens existenziell ist», heisst es in der Mitteilung der IG Tüüfner Engpass.
Damit stösse der Gemeinderat sogar erklärte Befürworter der Doppelspur vor den Kopf, die eine politische Legitimierung ihrer Lösung bevorzugt hätten. Die IG Tüüfner Engpass ist verärgert über diesen erneuten Affront und auch enttäuscht, wie duckmäuserisch der Gemeinderat die Absage begründet. Tatsächlich verlangten der Kanton Appenzell Ausserrhoden und die Appenzeller Bahnen plötzlich ultimativ die Umsetzung der Doppelspur-Lösung, weil nur so die Anschlüsse an den Fernverkehr in St.Gallen sichergestellt werden könnten. Deshalb könne nun über die Tunnel-Variante gar nicht abgestimmt werden.
Gemeinderat könnte sich wehren
Der Gemeinderat hat sich weder bemüht, diese Begründung zu verifizieren – dafür hätte er mit einer blossen Verschiebung der Abstimmung Zeit gewinnen können –, noch ist er seiner Aufgabe nachgekommen, seinen Handlungsspielraum zugunsten der Teufner Bevölkerung auszuloten. Würde man das Eisenbahngesetz, das pauschal als Rechtfertigung für das Diktat von oben herangezogen wird, tatsächlich lesen, sähe man: Es gibt für Teufen durchaus Möglichkeiten, sich zu wehren.
Explizit ist etwa erwähnt, dass eine betroffene Gemeinde mit einer Einsprache gegen ein Streckenführungsprojekt ihre Interessen wahren kann. Die Gemeinde kann auch eine Alternativlösung einbringen, müsste allenfalls dann aber die Kostendifferenz tragen. Der
Gemeinderat Teufen macht laut der IG Tüüfner Engpass das exakte Gegenteil: Er will um jeden Preis verhindern, dass sich der Volkswille manifestieren kann und der grosse Unmut über die geplante Verschandelung des Dorfkerns zu einem konkreten politischen Auftrag wird. Nachdem sich auch der Gewerbeverein für den Tunnel-Kredit ausgesprochen hat, glaubt der Gemeinderat wohl nicht mehr daran, dass er die Abstimmung noch hätte gewinnen können. «Stattdessen versteckt sich der Gemeinderat als willfähriger
Erfüllungsgehilfe hinter dem Regierungsrat und der Bahndirektion», heisst es.
Die IG Tüüfner Engpass erachtet es aber weiterhin als ihre Aufgabe, für die Interessen eines lebenswerten Dorfes einzustehen. Die gewaltige Unterstützung der Initiative für eine Abstimmung über eine Doppelspur ist weiterhin als Auftrag zu verstehen. Der Rekurs gegen die Ungültigkeitserklärung dieser Initiative ist seit Monaten beim Regierungsrat hängig. Sollte die Regierung (die in dieser Frage erklärtermassen Partei zugunsten einer Doppelspur ist) den Rekurs abweisen, wird die IG den Gang ans Obergericht antreten. Es ist nach wie vor ein prioritäres Ziel der IG Tüüfner Engpass, dass sich die Bevölkerung zu der Verschandelung des Dorfkerns äussern kann.
IG will Herausgabe des Fahrplankonzepts
Die jetzige Absage der Abstimmung über den Projektierungskredit für einen Tunnel
von Bahnhof Teufen bis Stofel wird mit der Fahrplanstabilität und mit halbstündlichen
Anschlüssen an den Fernverkehr ab dem Jahr 2035 begründet. Das zugrundeliegende Fahrplankonzept ist der Öffentlichkeit allerdings nicht zugänglich.
Mehr noch: «Gemäss dem Direktor der Appenzeller Bahnen muss dieses Konzept erst
noch mit Zusatzabklärungen und einer zusätzlichen Studie überprüft werden. Die Erfahrungen mit der Durchmesserlinie, die bessere Anschlüsse bringen sollte, die es
nun nicht gibt, lassen grüssen!»
Die Aussagekraft des jetzigen Fahrplankonzepts ist also mit Vorsicht zu geniessen –
zur Entmündigung eines ganzen Dorfes reicht es aber offenbar schon. Die IG
Tüüfner Engpass verlangt die Herausgabe dieses Konzepts, damit die Sachverhalte
mit einem unabhängigen Verkehrsingenieur seriös geprüft werden können. Diese
Einsicht muss gestützt auf das Gesetz über Information und Akteneinsicht des
Kantons gewährt werden. In einem vergleichbaren Fall hat das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich 2018 entschieden, dass dem Quartierverein Wipkingen der
Netzplan der Zürcher S-Bahn ausgehändigt werden muss. SBB und Bundesamt für
Verkehr hatten dies zuvor verweigert.
Zu prüfen ist insbesondere, ob tatsächlich ein signifikanter Zeitverlust entsteht, wenn
die Züge der AB statt zusammen mit Autos, Lastwagen, Velos und Fussgängern
durch das Dorfzentrum zuckeln im Wechselverkehr den kurzen einspurigen
Bahntunnel befahren.