Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Stadt St.Gallen
18.03.2022

«Textilmuseum wird offener und freundlicher»

Mandana Roozpeikar, Direktorin des Textilmuseums St.Gallen.
Mandana Roozpeikar, Direktorin des Textilmuseums St.Gallen. Bild: Patrice Ezeogukwu
Die Stiftung Textilmuseum feierte gestern Abend die Première der Ausstellung des Architekturwettbewerbs «Erneuerung Textilmuseum». Alle eingereichten Projekte und das Siegerprojekt sind vor Ort einsehbar.

Das heutige Textilmuseum wurde im 19. Jahrhundert als Ausbildungsstätte des Textilgewerbes und als Verbandsgebäude gebaut. Entsprechend zeigen sich die Anordnung und Dimensionen der Räumlichkeiten. Durch die Umnutzung in einen Ausstellungsbetrieb haben sich die Anforderungen an das Gebäude aber stark gewandelt.

Ein zeitgemässes Museum verlangt nach geeigneten Räumlichkeiten für die Ausstellung, den rückwärtigen Betrieb sowie nach einem Archiv. Das Museum soll Teil des öffentlichen Lebens im Herzen der Stadt St.Gallen werden. Mit der Erneuerung und Weiterentwicklung soll die Nutzung der Vergangenheit von gestern, über heute ins Übermorgen transportiert und so Raum geschaffen werden für die neue Nutzung und für Visionen.

Zu wenig Platz für Exponate und ein Archiv

Wie prekär die Platzverhältnisse im heutigen Gebäude sind, zeigt die aktuelle Sammlungsunterbringung. Weil sie über all die Jahrzehnte historisch um viele bedeutende und einzigartige Textilien und Exponate gewachsen ist, können diese nicht konservatorisch und klimatisch einwandfrei gelagert und bearbeitet werden. Sichere und abgetrennte Räumlichkeiten dazu fehlen komplett.

Darüber hinaus ist die Personensicherheit – beispielsweise durch den Brandschutz – oder die Barrierefreiheit gemäss heutigen Normen nicht gewährleistet. Auch fehlt ein grösserer Ausstellungsraum an sich.

  • Vincenzo Montinaro, Präsident des Stiftungsrats Textilmuseum St.Gallen Bild: Patrice Ezeogukwu
    1 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    2 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    3 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    4 / 4

Architekturwettbewerb zur Erneuerung

Die Stiftung Textilmuseum als Eigentümerin des Gebäudes hat sich 2019 dazu entschieden, einen zweistufigen Architektur-Wettbewerb durchzuführen. Gesucht war eine architektonisch und städtebaulich überzeugende Idee, welche die baukünstlerischen Qualitäten des bestehenden Gebäudes respektiert und sinnvoll ergänzt wie auch erweitert, um so langfristig optimale Betriebsabläufe sicherzustellen und die Gäste des Hauses zu begeistern.

Dank dem zweistufigen Verfahren haben viele Architektur-Büros ihre Chance genutzt: 181 Ideen sind 2019 eingereicht worden. Daraus hat die Jury acht ausgewählt und deren Verfasser anschliessend zusammen mit sieben weiteren, teils internationalen, Architekturbüros zum anonymen Projektwettbewerb eingeladen. 

  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    1 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    2 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    3 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    4 / 4

Im November 2020 haben auch die 15 eingeladenen Architekturbüros einen detailliert ausgearbeiteten Projektvorschlag eingereicht. Das Preisgericht hat dasjenige Projekt zum Gewinner erkoren, dass das grösste Potenzial für die Zukunft bringen würde.

Aufgrund der hervorragenden Leistungen sind neben dem Siegerprojekt vier weitere Einreichungen mit einem Preis ausgezeichnet worden. Diese wurden in der Ausstellung zusätzlich gewürdigt werden. Ebenfalls aufgelegt sein werden die Projekte der 176 weiteren Teilnehmer. Die Ausstellung zum Architekturwettbewerb wird vom 18. März bis 3. April 2022 im Textilmuseum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Folgenden Eingaben wird in der Ausstellung ein besonderer Platz eingeräumt:

  1. Siegerprojekt: «Das Schwere ist des Leichten Wurzelgrund», Christian Kerez Architekt Zürich  
  2. «Balance», Jessen Vollenweider Architekten Basel  
  3. «Stelle», bbk Architekten Azmoos  
  4. «The New White Veil», Sou Fujimoto Architects Tokyo/Paris  
  5. «Blue Velvet Oak», Jonas Wirth Architekt Basel
  • Der Architekt des Siegerprojekts Christian Kerez Bild: Patrice Ezeogukwu
    1 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    2 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    3 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    4 / 4

«Das Schwere ist des Leichten Wurzelgrund» des Architekten Christian Kerez wurde zum Siegerprojekt auserkoren. Es nütze den in der Ausschreibung vorgegeben Spielraum maximal aus und überrasche. Besonders überzeugt habe die Jury das stimmige und konsequent umgesetzte Museumskonzept, die weitblickende Grundhaltung und die Ausstrahlung des künftigen Textilmuseums. Im Wurzelgrund wird ein völlig neuer Raum ausgehoben, über dem der Altbau des Palazzo Rosso schwebt, und der mit seiner schieren Grösse Platz für alle erdenklichen Ausstellungen biete.

Museum wird abgesenkt

Das Projekt des Architekturbüros Kerez Architekten will mit einem Minimum an strukturellen Eingriffen in den Obergeschossen des Gebäudes am ursprünglichen Charakter festhalten. Die rund 1300 Quadratmeter grosse Ausstellungshalle entsteht deshalb unter dem Gebäude. Dank einer speziell angelegten Kassettendecke können die Kräfte abgefangen und in den Baugrund abgeleitet werden. Diese Konstruktion erlaubt zusätzlich das heutige Sockelniveau des Erdgeschosses ebenerdig zum Strassenraum abzusenken.

Öffnung von innen nach aussen

Die Gesamterstellungskosten bleiben im Rahmen der neu dazu gewonnenen Mehrfläche von rund 10 Prozent. Die gewonnene Ausstrahlung des Gebäudes gegen aussen sowie die konsequente Museumsorganisation in den unteren drei Stockwerken habe in der Interessenabwägung der Jury als wichtigeres Kriterium zum ersten Rang geführt.

Neben einer besseren öffentlichen Anbindung an die Stadt mit einem ebenerdigen Geschoss bringe das Projekt von Kerez einen deutlichen Raumgewinn und einen zusätzlichen Ausstellungsraum in einer Dimension, wie es das Gebäude bislang nicht gekannt habe. Das Archiv im Dachgeschoss ist eigenständig und betrieblich am geeigneten Ort untergebracht.

  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    1 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    2 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    3 / 4
  • Bild: Patrice Ezeogukwu
    4 / 4

«Extrem viele Spielmöglichkeiten»

Besonders froh über das neue Konzept ist Mandana Roozpeikar, Direktorin des Textilmuseums: «Ich finde das Konzept von Christian Kerez super durchdacht und bin froh, dass das Textilmuseum offener und freundlicher wird.» Auch die neue grosse Fläche findet die Direktorin toll. «Aber da stellt sich sofort die Frage, wie man den Raum füllen will. 1300 Quadratmeter ist eine riesige Fläche. Auf der anderen Seite bietet das auch extrem viele Spielmöglichkeiten.»

Doch wie soll es nun weitergehen? Laut Roozpeikar sei erstmal zu hoffen, dass keine Einsprachen eintreten. «Dann muss das ganze auch noch mit dem Denkmalschutz abgeklärt werden. Auch das Umziehen wird eine Herausforderung. Wohin sollen die ganzen Gegenstände? Wie macht man das am besten, damit keines der teils heiklen Ausstellungsstücke kaputt oder verloren geht?» Die Direktorin hoffe, dass es nicht so lange dauert wie beim Kunstmuseum, das schon seit rund 20 Jahren erneuern will.

Mandana Roozpeikar, Direktorin des Textilmuseums St.Gallen. Bild: Patrice Ezeogukwu
pez/pd
Demnächst