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Stadt St.Gallen
15.12.2021
15.12.2021 13:54 Uhr

Alle Verdächtigen auf freiem Fuss

Noch immer gibt es viele Fragen zum Tod von Rubin B.
Noch immer gibt es viele Fragen zum Tod von Rubin B. Bild: mik
Vor drei Monaten starb ein junger Mann in der Stadt St.Gallen. Während die Polizei im Oktober meldete, dass nur noch einer von sieben möglichen Tätern in Untersuchungshaft sitze, ist auch dieser nun wieder frei. Die Familie des Opfers ist erschüttert.

Noch immer stehen Kerzen auf dem Trottoir der Bahnhofstrasse 7. Am Zaun hängen rote und weisse Rosen, die zwei Herzen bilden. Noch immer bleiben Passanten stehen, noch immer zündet seine Schwester Rubia B.* Kerzen für ihren Bruder an, und noch immer ist es schwer zu glauben, dass ein junger Mann, kurz vor seinem 20. Geburtstag, hier brutal aus dem Leben gerissen wurde – auch drei Monate später.

«Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren» – und trotzdem ist nichts passiert

«Er wollte doch nur Spass haben, wollte mit seinen Freunden feiern gehen. Ich habe noch gesehen wie er das Haus verlassen hat», sagte seine Schwester zu stgallen24 im Interview. Doch nach Hause kam Rubin B.* nicht mehr. Zehn Tage nach der Tat erlag er seinen schweren Verletzungen. Die Geschehnisse lösten eine Welle der Entrüstung aus, denn die Meldungen über Gewaltdelikte in der Stadt St.Gallen überschlugen sich. 

Umso wichtiger schien es, den Fall so schnell wie möglich aufzuklären und  Personen, die mit dem Tod von Rubin B. etwas zu tun haben könnten, festzunehmen. «Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren», hiess es wenige Tage nach dem Vorfall bei der Kantonspolizei St.Gallen vollmundig.

Mutmasslicher Täter kann sich frei bewegen

Umfangreiche Ermittlungen, Befragungen von Beschuldigten und Auskunftspersonen sowie Auswertungen von Film- und Fotoaufnahmen führten zu sieben an der Tat beteiligten Männern. Fünf von ihnen wurden im Oktober festgenommen, vier von ihnen aber nur kurze Zeit später wieder freigelassen. Auch der 24-jähige Kosovare, der in Untersuchungshaft bleiben musste, ist mittlerweile auf freiem Fuss, wie Leo-Philippe Menzel, Medienbeauftragter der Staatsanwaltschaft St.Gallen, auf Anfrage von stgallen24 bestätigt. Dies, weil es keine Haftgründe wie Kollusionsgefahr, Fluchtgefahr oder Wiederholungsgefahr gegeben waren.

Tappt die Staastanwaltschaft also weiter im Dunkeln? Für die Familie von Rubin B. macht dies zumindest den Anschein: «Wie kann es sein, dass mein Bruder sterben musste – und die laufen alle frei herum und geniessen ihr Leben? Ein Leben ohne Konsequenzen», sagt seine Schwester. Es sei schwierig, so Frieden zu finden.

Wie weit die Ermittlungen tatsächlich sind und ob es weitere Anhaltspunkte für eine Täterschaft gibt, wollte man auf Anfrage nicht konkret beantworten. Der Tathergang sei «weiterhin Gegenstand der Untersuchung», tönt es nebulös seitens der Staatsanwaltschaft. 

30 Delikte in nur zwei Monaten

Seit Anfang Juli 2021 bis Ende September wurden allein in der Stadt St.Gallen 40 Gewaltdelikte gemeldet. Besonders die Gewaltbereitschaft habe stark zugenommen. Als Gegenmassnahme wurde die Präsenz der Polizei in der Stadt erhöht. Zusätzlich wurde nach möglichen Gewalt-Hotspots gesucht und dort vermehrt patrouilliert. Auch Plakate haben auf die Situation aufmerksam gemacht.

«Im Oktober und November waren noch 30 Delikte zu verzeichnen. Darunter waren Körperverletzungen, Tätlichkeiten und unbewaffneter Raub. Davon fanden 25 Delikte im Oktober und 5 Delikte im November statt», sagt Florian Schneider, stellvertretender Kommunikationsleiter der Kantonspolizei St.Gallen, auf Anfrage.

«Ob letztlich statistisch gesehen eine Gewaltzunahme stattgefunden hat, lässt sich erst mit dem Erscheinen der polizeilichen Kriminalstatistik im Frühjahr 2021 abschliessend sagen. Die letzten Monate isoliert betrachtet, hat eine Zunahme gegenüber den Vormonaten stattgefunden, die aus polizeilicher Sicht Massnahmen nötig gemacht haben. Diese konnten ergriffen und damit die Fallzahlen wieder gesenkt werden», sagt Schneider weiter.

*Namen der Redaktion bekannt

Miryam Koc/stgallen24
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