Licht in der Nacht.
Weihnachten stand vor der Türe. Seit Wochen bemühten sich die Mitarbeiter der Stadtwerke, die Weihnachtsbeleuchtung zu montieren, mit Kranwagen, Hebebühnen, Sterne in fahlem Licht an die Drähte zu hängen, welche während des gesamten Jahres die Altstadt verhängten, verdrahteten, verunstalteten und viele verärgerten, so auch Häfelis Lieblingsnachbarn: Gottfried P. Hugelshofer, Bankdirektor und Oberst im Generalstab, die Generalnervensäge und seine Frau, Trudi, sowie die pensionierte Sängerin und Sammlerin von Weihnachtsschmuck aller Art, Dorothea Engels, begannen frühzeitig und meist zeitgleich, ihre Gärten zu schmücken. Aufzurüsten, wäre wohl richtig gesagt. Überkandideltes Mini-Disneyworld.
Nun ja, Weihnachten kommt immerhin jedes Jahr. Dagegen ist nichts einzuwenden. Wie hiess die städtische Weihnachtsbeleuchtung schon wieder: aller Schrott, alter Stern, aller Unfug, aller Engels Gnaden vor dem Verlöschen? Billig war das Projekt nicht gewesen, soviel war definitiv. Und am Dreikönigstag begannen die Stadtwerke wie jedes Jahr damit, die Lichterpracht wieder auf Paletten zu versorgen, zu verschachteln, fein säuberlich geordnet und durchnummeriert. Mit riesigem Aufwand. Voller Vorfreude auf die nächste Weihnachtsparty.
Glücklicherweise spaltete bisher noch keiner dieser Sternenschweife einem darunter flanierenden, sich zufällig in Weihnachtslaune befindenden Passanten den Kopf. Vorsicht, es könnte auch eine Passantin treffen.
Bliebe noch über den Christbaum vor dem Kloster zu frotzeln, meist eine möglichst grosse, aber kommune Rottanne, die Hinz oder Kunz aus seinem Garten günstig wegbedingen wollte, die dann immer gegen Ende November per Helikopter angeflogen und anschliessend von KunstgewerblerInnen mehr oder weniger fantasievoll geschmückt wurde, um am ersten Advent eingesungen zu werden. Wieso über Christbäume lästern, es gab ja genug davon, im Wald, und in neuerer Zeit auch immer mehr aus Plastik, Feuer abweisend, in der Tendenz, aber doch grün, immergrün sogar, und kostensparend auch noch. Angeblich.
Allerhand.
Auch über den Sankt Galler Weihnachtsmarkt, der leider ebenfalls nicht so richtig vom Fleck kam – wie die erhoffte Heirat der Stadt St. Gallen mit ihren Agglomerationsgemeinden – liesse sich trefflich weinen. Das Ambiente fehle, verglichen mit anderen Weihnachtsmärkten, ausser am überfüllten Glühweinstand. Da war Ramba Zamba angesagt, OLMA-Feeling, wie am Sankt Galler Fest und anderen lokalen Paarungsanlässen.
Sich ärgern, weil der Weihnachtsmarkt nicht wie immer wieder verlangt zum Kloster hinaufführte, zum UNESCO Weltkulturerbe? Na ja. Das war dem Bischof nun doch alles zu nahe bei seiner Residenz. Touristen kämen ohnehin nur wenige. Und die Sankt Gallerinnen gehen ebenso ohnehin fremd: In Basel, Konstanz, München, Strassburg. Oder wo auch immer. An Weihnachtsmärkte.
Aber nicht in Sankt Gallen.
Und was hat denn Saufen mit Weltkultur zu tun – und mit Weihnachten?
Nichts. Gar nichts.
Auch nicht am Weihnachtsmarkt. Dieser gut gemeinten Lichterbühne. Mit vielen Kerzen, und anderen Statisten.
Also gut.
Gut riecht es hier, nach Glühwein, Gerstensuppe und Grappa. Zimt. Nach Würsten und Chäschüechli. Tannechres und Tannezapfe.
Nach Hektik, verlorenen Ideen, gescheiterten Beziehungen und noch nicht geborenen Geschenken.
Merde.
Gefühle. Romantik. Friede.
Frieden?
Geplant. In diesem Theater.
Vielleicht nächstes Jahr?
Nach Weihnachten.
Immerhin.