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Stadt St.Gallen
03.07.2021

Das Stadthaus: Die Anfänge als Kirche

Bild: Stadtarchiv St.Gallen
Das Stadthaus an der Gallusstrasse ist seit 1867 der Geschäftssitz der Ortsbürgergemeinde. Seine spannende Geschichte beleuchten wir in einer dreiteiligen Serie. Heute: Teil 1.

Wo sich heute das Stadthaus befindet, stand früher die St.Johanneskirche. Sie war eine von zahlreichen Kirchen und Kapellen des benachbarten Benediktinerklosters.

Das Kloster St.Gallen in unmittelbarer Nähe der heutigen Gallusstrasse verfügte über zahlreiche Kapellen und Kirchen. Rot eingefärbt die St. Johanneskirche, an deren Stelle im 16. Jahrhundert das Stadthaus errichtet wurde. Die Abbildung zeigt die Situation vom 13. bis zum 16. Jahrhundert. Bild: Stadtarchiv St.Gallen

Mittelalterliche Kirchenbauten und Gräber an der Stelle des heutigen Stadthauses

Vom Jahr 973 bis ins frühe 13. Jahrhundert stand sie unmittelbar neben der Klosterkirche, bis sie im Jahr 1210 an die Stelle des heutigen Stadthauses versetzt wurde.

In der Umgebung des heutigen Stadthauses fand man im Mittelalter nicht nur Kirchenbauten, sondern auch einen Friedhof. Vom 11. Jahrhundert bis ins Jahr 1567 wurde das Gebiet der heutigen Gallusstrasse nämlich als Begräbnisstätte genutzt. Besonders viele Gräber finden sich in einer Schachtgrube unmittelbar vor dem Stadthaus: Dort liegen die Bestatteten sehr dicht nebeneinander, wie Grabungen der Kantonsarchäologie im Jahr 2009 ergeben haben.

Die Gegend der heutigen Gallusstrasse auf einem Plan aus dem Jahre 1596. Das Stadthaus in der rechten Bildhälfte ist an seiner markanten Form gut zu erkennen. Am linken Bildrand, beim heutigen Gallusplatz, ist die so genannte «Wetti» zu sehen, ein rund dreissig Meter langes Wasserbecken. Dort wurde Wasser gestaut, bevor es in die Gassenkanäle – auf dem Bild ebenfalls zu erkennen – geleitet wurde. Auf diese Weise wurde Unrat aus den Gassen in die Stadtbäche und damit aus dem Siedlungsgebiet geleitet. StadtASG, S2, 1 Bild: Stadtarchiv St.Gallen

Die Reformation und ihre Folgen für die Kirche St.Johannes

In den 1520er-Jahren wurde die Stadt St.Gallen reformiert, während das Klostergebiet katholisch blieb. Plötzlich wurde wichtig, was bislang niemanden gestört hatte: Die St. Johanneskirche stand auf städtischem und damit auf reformiertem Boden. Die Kirche wurde aber in der Folge nicht etwa zum reformierten Gotteshaus. Nein, sie wurde dem städtischen Bauamt als Geräteschuppen zugewiesen: Eine Beleidigung für die katholischen Erbauer der Kirche.

Die Verwendung als Geräteschuppen währte nicht lange. Nach wenigen Jahren wurden die Stadtsanktgaller aufgrund von eidgenössischen Auseinandersetzungen (dem Zweiten Kappeler Krieg) gezwungen, das Gebäude den katholischen Nachbarn zurückzugeben. Der Fürstabt weihte daraufhin die St.Johanneskirche umgehend neu.

1566 wendete sich das Blatt erneut. Stadt und Kloster teilten sich ihre Gebäude je nach ihrem Standort zu. Damit kam die St.Johanneskirche, die ausserhalb des Kerngebietes des Klosters lag, endgültig zur Stadt.

Anlässlich der endgültigen Trennung von Stadt und Kloster St.Gallen im Jahr 1566 wurde auch die Schiedmauer errichtet. Deren Verlauf ist seit der Neugestaltung der südlichen Altstadt als Mäuerchen entlang der Gallusstrasse ersichtlich. Auf dieser undatierten Fotografie zeigen sich eindrücklich die ursprünglichen Ausmasse. StadtASG, B, 765. Bild: Stadtarchiv St.Gallen

Das Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde hat dem Stadthaus eine Publikation gewidmet. Das Gebäude wird dort aus geschichtlicher und architektonischer Seite beleuchtet. Das Buch ist im Buchhandel unter der ISBN 978-3-7291-1184-4 zum Preis von CHF 19 erhältlich. Ebenfalls hat das Stadtarchiv eine Publikation über die Geriatrische Klinik veröffentlicht. Beide Bücher können Sie als Mitarbeitende der Ortsbürgergemeinde zu einem Vorzugspreis von je CHF 15 im Stadtarchiv an der Notkerstrasse 22 beziehen. Bitte vereinbaren Sie vorgängig unter der Telefonnummer 071 244 08 17 einen Abholtermin.

Dorothee Guggenheimer, stv. Leiterin Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde
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