2020 war «dank» Corona für viele Betriebe ein Schicksalsjahr. So auch für die M. Opitz & Co. AG aus St.Gallen: Inhaber und Verwaltungsratspräsident Wolf Studer (*1930) musste die – inoffizielle – Führung coronabedingt abgeben. Mit seinen 90 Jahren gehört der Seniorchef zur Risikogruppe Nummer 1, was zur Folge hatte, dass Studer 2020 grossmehrheitlich gezwungen war, zu Hause zu bleiben und nicht mehr, wie vorher üblich, täglich in sein Geschäft gehen konnte.
Corona als fruchtbarer Boden
«Es war ein hartes Ringen, die bestmögliche Lösung für die Übernahme zu finden», erinnert sich Tochter Caroline Studer. «Hat Papa vor Corona noch praktisch alle Entscheide mitgeprägt, war das mit Corona nun plötzlich nicht mehr möglich.» Wenn man der Pandemie etwas Gutes abgewinnen will, dann das: Sie war ein fruchtbarer Boden, die Geschicke der Firma neu zu organisieren und sie für die Zukunft aufzustellen. «Mein Vater war schlicht gezwungen, immer mehr loszulassen, auch wenn ihm das schwergefallen ist.»
Die Umstände liessen aber keinen anderen Weg zu. So kam auch die Übergabe der Aktien an Tochter Caroline zur Sprache, was vor Corona noch nicht kein Thema war. «Wie in so vielen Unternehmen klafften auch bei uns die Vorstellungen des Patrons und die Bewertung der Bank weit auseinander », so Caroline Studer. «Schlussendlich haben wir uns aber gefunden.» Und so ist die Enkelin der Firmengründerin Mila Opitz nun seit Januar im Besitz von sämtlichen M.-Opitz-&- Co.-AG-Aktien.
Bank zog mit
Dass Caroline Studer künftig alle Aktien halten soll, war Bedingung der Bank. «Zur Diskussion stand auch ein externer Investor, der bei uns einsteigen könnte», erläutert Caroline Studer. «Allerdings war es – auch wieder wegen Corona – 2020 praktisch unmöglich, jemanden zu finden, der einen Millionenbetrag in ein Kosmetikunternehmen stecken wollte. » Die St.Galler Kantonalbank hat sich dann bereit erklärt, bei der Übernahme durch Studer mitzuziehen – unter der Bedingung, dass sie alle Aktien erwerbe. «Das hat mich sehr gefreut, zeigt es doch, dass die Bank an mich glaubt», sagt Studer. «Dafür gebührt der KB ein grosses Dankeschön, ist es doch nicht selbstverständlich, in diesen Zeiten einen produzierenden Betrieb so zu stärken.» Natürlich hat die KB nicht «einfach so» mitgemacht, «unter anderem mussten wir einen Fünf-Jahres-Businessplan vorlegen ». Und auch bei der Preisfindung mit Vater Wolf blieb die Bank hart. Dann hat man sich aber – im Guten – gefunden, und per Anfang Jahr gingen Aktien und Schlüssel an Caroline Studer über. Studer hat noch eine Schwester, die – ebenso wenig wie der Seniorchef – nun keine Aktien mehr hält. «Auch für sie wurde aber eine faire Lösung gefunden.»
Ende gut, alles gut
Das Schwierigste bei dem Übergabeprozess war – wie in so vielen Unternehmen – das Abnabeln des Seniorchefs. «Ich glaube, ohne Corona wäre mein Vater auch noch mit über 90 der Patron geblieben.» Kein Wunder, wenn man sich ein Leben lang gewöhnt ist, die Zügel in der Hand zu halten. «Papa musste mit 26 die Geschäftsführung von meiner Grossmutter übernehmen, die damals erkrankte. Der Erfolg der M. Opitz & Co. AG ist untrennbar mit ihm und meiner Mutter Silva verbunden, sie haben den Betrieb ausgebaut sowie die Marke Mila d’Opiz gross und international erfolgreich gemacht. » Da fällt das Abschiednehmen nicht leicht. «Erfreulicherweise ist es aber so, dass mein Vater seit dem Moment der Übergabe tatsächlich loslassen konnte. Wir sprechen zwar noch ab und zu übers Geschäft, aber nur en passant.» Das Verhältnis habe sich merklich entspannt, es sei ihm wohl auch eine Last von den Schultern genommen worden. Caroline Studer ist seit 2008 in dem Familienunternehmen tätig, seit 2014 als CEO. Nichtsdestotrotz blieb Vater Wolf als Mehrheitsaktionär und Verwaltungsratspräsident die – mehr oder weniger – graue Eminenz im Betrieb, die sich nicht scheute, auch bei Detailfragen mitzureden, im Gegenteil: «Er war ein typischer Patron, der immer wusste, was richtig war und was nicht». Deshalb sei es umso schöner zu erleben, dass er jetzt, wo der Abnabelungsschritt nolens volens vollzogen werden musste, wider alle Befürchtungen glücklich und zufrieden sei. «Hätten wir beide das geahnt, hätten wir diesen Schritt wohl schon vor Jahren gemacht.» Caroline Studer will nun noch mehr «Vollgas» geben. Dazu hat sie bereits zwei wichtige Weichen gestellt: Zusammen mit ihrem Vater und ihrer Mutter hat der ganze bisherige Verwaltungsrat aus Altersgründen demissioniert. Studer als Präsidentin hat nun den St.Galler Wirtschaftsanwalt Markus Neff in den Verwaltungsrat berufen, der sie in der Nachfolgeplanung begleitet hat und in der der M. Opitz & Co. AG unterstützen wird. «Ich habe den Verwaltungsrat bewusst verschlankt und will mit der bisherigen, bewährten Geschäftsleitung sowie der voll motivierten Belegschaft nun meine Firma vorantreiben.» Ein zweites Schwergewicht setzt Studer im weiteren Aufbau der Auslandsmärkte, wobei auch der Markt Schweiz weiterhin attraktive bleibe.