Einsteigen, anschnallen und das Auto selbst zur Arbeit fahren lassen. Von dieser Traumvorstellung scheinen wir nicht mehr weit weg zu sein. Oder doch? Anton Gunzinger, Supercomputerpionier und als Entwickler beteiligt an der Steuerung selbstfahrender Autos, spricht mit uns über die Hintergründe
Anton Gunzinger, erklären Sie uns, wie ein selbstfahrendes Auto funktioniert?
Stark vereinfacht ausgedrückt geht es um Kameras und Sensoren, deren Aufnahmen beziehungsweise Messungen von einem Computerprogramm ausgewertet und in Steuerbefehle umgesetzt werden. Die Kameras etwa machen Stereoaufnahmen, der Computer ermittelt daraus die Distanzen und andere Werte. Die Kameras sind dabei das A und O für jedes selbstfahrende Fahrzeug. Dazu kommen etwa Daten aus Ultraschallmessungen, die beim Einparken helfen, oder Radarmessgeräte, die die Geschwindigkeit
und den Abstand ermitteln. Daraus lässt sich der Bremsweg berechnen. Sensoren messen dazu etwa die Temperatur und andere Werte. Mit all diesen Faktoren im Speicher steuert der Computer das Auto.
Wie erkennt denn der Computer den Strassenrand?
Er kennt den Strassenverlauf, und er wertet dazu laufend die Kameradaten aus. Das Resultat ist eine rote Linie, die auf beiden Seiten der Spur die Fahrlinie markiert. Das funktioniert auch im Tunnel; die Beleuchtung und das Fahrlicht des Autos reichen mit den hoch auflösenden Kameras aus.
Welche technische Entwicklung steckt dahinter?
Vor 30 Jahren war ich an der Entwicklung von selbststeuernden Fahrzeugen für den Betrieb auf der Autobahn beteiligt. Es funktionierte gut, der Kofferraum war mit Technik vollgestopft, das technische Prinzip mit einem durch Sensoren ergänzten Kameraauge war mit jenem der heutigen Steuerung praktisch identisch. Aber es war damals undenkbar, ein Auto mit dieser Technik in einer Stadt herumfahren zu lassen. Es gab, abgesehen von der viel zu viel Platz beanspruchenden Hardware, schlicht keine Computer, die eine solche Datenfülle in nützlicher Frist hätten bewältigen können, und es war ausserhalb des Vorstellungsvermögens, dass sie sich diese Berechnungen je mit winzigen Prozessoren von der Grösse eines Fingernagels durchführen liessen.
Werden selbstfahrende Autos in Zukunft zum Standard, werden, etwa wie das ABS?
Davon bin ich überzeugt. Es wird aber sicher noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis die Technik soweit ist.
Was sind die Herausforderungen?
Man könnte es Details nennen, aber natürlich ist jede Baustelle mit einer Umleitung genauso relevant wie eine rote Ampel oder ein Radfahrer, der an einer Kreuzung den Vortritt missachtet. Mit der Baustelle tun sich die Systeme nach wie vor schwer.
Und gibt es Aufgaben, die Sie heute für unlösbar halten?
Soweit würde ich nicht mehr gehen. Aber wenn ich mir eine Unfallstelle ausmale, an der ein Polizist mit einer lässigen Bewegung aus dem Handgelenk den Verkehr lenkt, dann dürfte es sicher noch einiges länger dauern, bis auch ein selbststeuerndes Auto diese Situation erkennt.