Die Kantonspolizei Graubünden geht im Fall von rassistischen und sexistischen Äusserungen an der Polizeischule Ostschweiz in Amriswil einen eigenen Weg.
Fünf Polizeischüler wurden im November wegen entsprechenden Fehlverhaltens vom Unterricht ausgeschlossen.
Betroffen waren je ein Polizeischüler der Kantonspolizeien St.Gallen und Thurgau sowie der Stadtpolizei St.Gallen. Hinzu kamen zwei Aspiranten der Kantonspolizei Graubünden. Alle fünf wurden von ihren Korps freigestellt.
Graubünden entschied später, seine beiden Polizeischüler weiterzubeschäftigen. Die anderen Korps sprachen Kündigungen aus.
Die Bündner Regierung erklärte im Dezember vor dem Parlament, den beiden Aspiranten habe kein rassistisches Gedankengut nachgewiesen werden können. Man habe den Vorfall intern sorgfältig geprüft, sagte Sicherheitsdirektor Peter Peyer (SP).
Ostpol-Präsident bleibt bei seiner Linie
Deutlich kritischer äussert sich Jürg Zingg, Präsident des Ostschweizer Polizeikonkordats (Ostpol) und Kommandant der Kantonspolizei Thurgau: «Ich vertrete nach wie vor dezidiert die Ansicht, dass eine rassistische oder sexistische Haltung in der Polizei keinen Platz hat, keinen Platz haben darf.»
Den Entscheid Graubündens nehme er zur Kenntnis. Gleichzeitig betont Zingg, dass die Polizeischüler von den jeweiligen Kantonen angestellt seien und dem kantonalen Personalrecht unterstünden. «Für mich ist entscheidend, dass keiner der fünf Polizeischüler an den Lehrgang an der Polizeischule zurückkehren wird.»
Graubünden weicht von Ostpol-Linie ab
In der Medienmitteilung vom November hiess es, die Kommandantin und die Kommandanten von Ostpol würden das Fehlverhalten der fünf Polizeischüler aufs Schärfste verurteilen. Man unterstreiche, dass diesbezüglich im Ostschweizer Polizeikonkordat Nulltoleranz gelte.
Im Kanton Graubünden liess sich das Fehlverhalten aber nach Angaben der Regierung nicht belegen. Es habe sich nicht eruieren lassen, ob und wer solche Äusserungen gemacht haben soll, hiess es im Parlament. Deshalb sei entschieden worden, den beiden Bündner Polizeischülern an einer anderen Polizeischule die Weiterführung der Ausbildung zu ermöglichen.
Ostpol-Präsident sieht keine relevanten Unterschiede
Anders bei der Stadtpolizei St.Gallen: Man habe sehr wohl eruieren können, welche Äusserungen gemacht wurden, erklärt ein Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zum Inhalt will er keine Angaben machen, unterstreicht aber: Das Verhalten habe in der Polizei keinen Platz, «weshalb die Kündigung ausgesprochen wurde».
Auch die Kantonspolizei St.Gallen hält an der Kündigung fest. Man wisse, welches Fehlverhalten im Raum stehe, erklärt eine Mediensprecherin auf Anfrage.
Unterschied sich allenfalls das Verhalten der angeschuldigten Polizeischüler? «In meiner persönlichen Wahrnehmung gibt es keine relevanten Unterschiede», sagt Ostpol-Präsident Zingg.
Als der Fall publik wurde, sagte Marcus Kradolfer, Direktor der Polizeischule Ostschweiz, gegenüber Keystone-SDA, durch die Aussagen seien Personengruppen diffamiert und diskriminiert worden. Zum Schutz der Hinweisgeber machte er keine weiteren Angaben. Die Inhalte seien einer externen und unabhängigen Meldestelle gemeldet worden.