Mit der Sammelvorlage «Erledigung parlamentarische Aufträge im Bereich der frühen Förderung (EPAFF)» prüft die Regierung im Auftrag des Kantonsrates, wie sich die Kompetenzen von Kindern in den ersten Lebensjahren möglichst wirkungsvoll fördern lassen.
Gleichzeitig wird untersucht, wie Kinder bestmöglich auf den Übertritt in die Volksschule vorbereitet werden können. Hintergrund ist die Tatsache, dass heute beim Schuleintritt häufig grundlegende sprachliche, soziale und weitere Kompetenzen fehlen.
Diese Defizite belasten nicht nur die betroffenen Kinder und ihre Familien, sondern stellen auch für die Schulen eine grosse Herausforderung dar. Gerade die Phase vor dem Schulbeginn ist entscheidend für die Entwicklung eines Kindes. Werden Förderbedarfe erst beim Schuleintritt erkannt, ist oft bereits wertvolle Zeit verloren gegangen, etwa bei der Sprachförderung.
Klare Instrumente für die Gemeinden
Um diesen Herausforderungen gezielt zu begegnen, schlägt die Regierung ein umfassendes Massnahmenpaket zur Stärkung der frühen Förderung vor. Dieses enthält mehrere Instrumente, mit denen fehlende Kompetenzen beim Eintritt in die Volksschule wirksam angegangen werden können.
Vorgesehen ist eine Angebotspflicht für die Gemeinden, damit ein bedarfsgerechtes, ganzheitliches und qualitativ angemessenes Angebot der frühen Förderung sichergestellt wird.
Zudem sollen die Gemeinden verpflichtet werden, ein Konzept zur frühen Förderung zu erarbeiten. Dieses soll eine übergeordnete Betrachtung ermöglichen sowie die Vernetzung und Abstimmung der bestehenden Angebote innerhalb der Gemeinden verbessern.
Ein weiteres zentrales Element ist die Einführung eines niederschwelligen Prozesses zur frühzeitigen Erkennung von Kindern mit relevantem Förderbedarf im Hinblick auf den Schuleintritt. Dieser sogenannte vorschulische Erstkontakt erfolgt mit einer Fachperson im Bereich der frühen Kindheit.
Auf Basis dieses Kontakts können Besuchsempfehlungen für Angebote der frühen Förderung ausgesprochen werden. Gemeinden haben zudem die Möglichkeit, Besuchsobligatorien einzuführen, sofern sie dies als sinnvoll erachten.
Eltern gezielt unterstützen
Die Verantwortung für die Erziehung der Kinder und für ein förderliches Entwicklungsumfeld liegt insbesondere im Vorschulbereich weiterhin bei den Eltern. Diese sollen jedoch bedarfsgerecht unterstützt werden, damit sie ihre Verantwortung bestmöglich wahrnehmen können. Entscheidend für eine nachhaltige Wirkung ist eine gemeinsame und positive Herangehensweise von Eltern, Fachpersonen und Behörden.
Klare Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden
Das vorgeschlagene Massnahmenpaket berücksichtigt die bestehenden staatlichen Zuständigkeiten im Bereich der frühen Förderung. Die Gemeinden sind für das Angebot und die Umsetzung verantwortlich, während der Kanton koordinierend und unterstützend tätig ist.
Den Gemeinden wird dabei grösstmögliche Wahlfreiheit eingeräumt, damit sie flexibel und bedarfsgerecht auf die jeweilige Situation vor Ort reagieren können. So sollen sowohl der Nutzen als auch die Praktikabilität des Systems gewährleistet werden.
Erledigung mehrerer Aufträge des Kantonsrates
Mit der Sammelvorlage erfüllt die Regierung insgesamt sieben Aufträge des Kantonsrates im Bereich der frühen Förderung. Dazu gehört unter anderem das Postulat 43.21.06 «Abbau von Sprachbarrieren vor dem Schuleintritt».
Weitere Aufträge betreffen etwa die Übersicht und Priorisierung der Angebote im Kanton St.Gallen sowie datenschutzrechtliche Fragestellungen. Zudem werden auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse zwei gesetzgeberische Aufträge des Kantonsrates umgesetzt.
Ergebnisse aus zwei Vernehmlassungen
Zur Sammelvorlage wurden zwei Vernehmlassungen durchgeführt. In der ersten Vernehmlassung forderten insbesondere die politischen Parteien mehr Verbindlichkeit auch für Familien. In der Folge wurden eine obligatorische Entwicklungsstanderhebung sowie Besuchsempfehlungen beziehungsweise mögliche Besuchspflichten in die Vorlage aufgenommen.
Aufgrund der zweiten Vernehmlassung wurde die Entwicklungsstanderhebung jedoch durch den nun vorgesehenen Prozess eines vorschulischen Erstkontakts mit einer Fachperson im Bereich der frühen Kindheit ersetzt. Damit rückten die Früherkennung von Kindern mit Förderbedarf sowie die Entlastung des Schulsystems noch stärker in den Fokus.
Die Sammelvorlage «Erledigung parlamentarische Aufträge im Bereich der frühen Förderung (EPAFF)» ist im Ratsinformationssystem unter den Geschäftsnummern 40.25.05, 22.25.14 und 22.25.15 abrufbar.
Frühe Förderung im Kanton St.Gallen
Der Kanton St.Gallen verfolgt seit dem Jahr 2015 eine gemeinsam von Kanton, Gemeinden und Fachorganisationen getragene Strategie zur frühen Förderung. Diese richtet sich an Kinder ab Geburt bis zum Eintritt in den Kindergarten. Zu den Angeboten zählen unter anderem Mütter- und Väterberatungen, Familienzentren sowie Kindertagesstätten.
Mit dieser Strategie leistet der Kanton einen Beitrag zur Stärkung der Kinderrechte und positioniert sich gleichzeitig als attraktiver Wohnkanton für Familien mit jungen Kindern.