Wenn ich alter Mann am Morgen am Fenster stehe und nach dem Wetter Ausschau halte, sehe ich mit Vergnügen die schweren Rucksäcke, an denen Kinder hängen, auf ihrem Weg zur Schule. Meine Enkel haben mir den Inhalt dieser vollen «Ergobags» gezeigt und erklärt.
Ich erinnere mich an meinen ersten «Schuelerthek», den ich 1945 erhalten habe. Der Deckel dieses Theks war mit einem braunen Fell überzogen – für die Buben! Die Mädchen hatten Theks ohne Fell – zum Teil noch grösseren als meiner Frau. In diesem Thek schleppten wir Schiefertafel, Tafellumpen, Schwammbüchse, Griffelschachtel, Lineal, Hefte und Bücher in die Schule.
Die Schulbänke damals waren alte, hölzerne Ungetüme, die einem ab und zu ganz anständige Spissen in den Hintern jagten, und die in einer geraden Reihe hintereinander standen. Es waren, wenn ich mich recht entsinne, drei Reihen solcher Zweier-, Dreier- oder Viererbänke, mit so genannten Klappen und Tintenfässchen, die vom Lehrer ab und zu gefüllt werden mussten.
Bei unserem Lehrer lernte man ausser den üblichen Schulfächern vor allem Ruhe und Ordnung. Jeden Montag kontrollierte er die gepflegte (nicht etwa nur geputzte) Schiefertafel, den sauberen Tafellumpen, die von Bohnen und dergleichen befreite Schwammbüchse, das frische Nastuch und die Überärmel.
Für Vergesslichkeit hatte er keine Einsicht, und wir lernten schnell, an das Inordnungbringen dieser Sachen zu denken. Wer etwas vergass, bekam eine Tatze oder gar einen Hosi.
Da die zweifelhaften Massnahmen von Tatze und Hosi vermutlich bei der heutigen Lehrerschaft nicht mehr in Gebrauch sind, sei folgende Erklärung als Beitrag zur Geschichte der Pädagogik hier angefügt:
Von den Wörtern Hosi, Hosenspanner und Tatze findet man im «Duden» nur das Wort Tatze, etwa in der Bedeutung von Pfote. Darauf wurde vom Lehrer mit einem Lineal kräftig gehauen, und zwar je nach Verfehlung in der Regel auf die Innenhand oder, zur Verstärkung der Strafe, auf den Handrücken. Beim Hosi handelte es sich schlicht und einfach um ein gehöriges Versohlen des Hosenbodens, wobei das Wort ein oder mehrere Streiche bedeuten konnte. In meiner Erfahrung lebt es in der Einzahl fort; oft andere Mitschüler waren weniger glücklich und haben es nur in der Mehrzahl erlebt.
Vielleicht werden die altmodischen und harten Disziplinarmethoden verständlicher, wenn man bedenkt, dass mein «Herr Lehrer» 1946/47 in seinen drei Klassen der Unterstufe 73 Schüler zu unterrichten hatte. Für uns Erst-, Zweit- und Drittklässler war er der «Herr Lehrer», in jeder Beziehung, und ich habe ihn trotz allem in guter Erinnerung.