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Leserbrief
Kanton
12.07.2025

«Omi, was ich Dir noch sagen wollte...»

Bild: zVg
Markus Bischof publiziert in seinem Leserbrief einen Brief von Eva an ihre Oma.

Liebe Omi, gestern, an Opi’s vierten Todestag habe ich viel geweint. Opi war nicht nur ein guter Spielkamerad, Opi fand auch immer passende Antworten auf unsere Fragerei. Als ich ihn fragte, ob er mit bald achtzig, keine Angst vor dem Tod habe, sagte er nur. «Nein Eva, ich habe es ja so schön mit euch allen. Dafür bin ich dankbar. Doch könnte ich wünschen, würde ich nach einem so schönen Tag wie heute, den ich mit euch verbringen durfte, zu Bett gehen und zufrieden für immer einschlafen.»  

Wirklich verstehen konnte ich es erst später, als Opi den Schlaganfall erlitt. Plötzlich war alles anders – Zum Glück hatte er Dich Omi. Du hast Dich liebevoll um ihn gekümmert und besuchtest ihn täglich im Pflegeheim. Mir blieb neben Schule und Alltag nur wenig Zeit. Doch wenn ich bei Opi war, blühte er auf. Ich glaube, es war das Schönste für ihn, wenn er Jemanden aus seiner Familie um sich hatte.

Ausgerechnet in der Pandemie-Zeit im der das Pflegeheim fast unerreichbar abgeriegelt wurde, verliessen Opi seine Lebenskräfte. Ich hätte ihn so gerne wenigstens einmal noch besucht - ich spürte, dass er sich danach sehnte. Der Gedanke daran schmerzt mich tief. Wenigstens durftest Du immer zu Opi, auch wenn Du die Bedingungen, die täglich von Experten übers Fernsehen und den «Blick» eingehämmert wurden, nicht erfülltest.

Heimleiterin Frau Müller entschied bestimmt und in einer bewundernswerten Ruhe: «Das Wichtigste ist, dass Opi in dieser Zeit nicht allein ist - egal was der Herr Berset bestimmt hat.»

Ich bin Frau Müller sehr dankbar, für ihr damaliges Fingerspitzengefühl. Sie riskierte selbst sehr viel, aber es war zutiefst richtig – und Experten hatten später eingestanden, dass es Unrecht war, wie sie mit Opi umgegangen sind und wie sie uns Kindern täglich immer mehr Angst einjagten.

Omi, mir bangt - weil sie alle seither einfach darüber geschwiegen haben. Das Fernsehen, die Zeitungen, die Politiker.Gestern habe ich gelesen, dass der Bundesrat viel daraus gelernt habe.

Trotzdem werde uns bei der nächsten grossen Krise dasselbe wieder angetan. Omi, dein Denken ist noch so klar, doch deine körperliche Kraft schwindet stark.

Es fällt mir schwer, Dich, so wie damals Opi, unbekümmert zu fragen. Doch sei beruhigt. Mir wurde in der letzten Zeit richtig bewusst, dass damals Opi’s Träume und menschliches Handeln das Wichtigste waren. Egal, was die da oben bestimmt haben.​

In Liebe - deine Eva

Markus Bischof
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