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Wirtschaft
07.11.2020
06.11.2020 10:05 Uhr

«Der Lohn allein ist nicht mehr ausschlaggebend»

Catherine Gisler, Metrohm AG
Catherine Gisler, Metrohm AG Bild: FS
Bei den meisten Unternehmen ist die Höhe des Lohns abhängig von Funktion, Leistung und Verantwortungsbereich. Die Metrohm AG in Herisau und die Helvetia Versicherungen in St.Gallen haben hierfür ihr eigenes Bewertungssystem.

Die Metrohm AG ist einer der weltweit grössten Hersteller von Messinstrumenten für die chemische Analytik und beschäftigt an ihrem Hauptsitz in Herisau 570 Angestellte in den verschiedensten Berufssparten. Da gibt es beispielsweise die Chemikerin und den Produktentwickler sowie die Software- Spezialistin und den Elektrotechniker. Catherine Gisler leitet seit zweieinhalb Jahren die Abteilung Human Resources bei der Metrohm AG. Die Löhne der Mitarbeiter sind ein wichtiger Teil ihrer täglichen Arbeit.

Viel Spielraum
Um die richtige Höhe des Gehalts zu ermitteln, gibt es beim Unternehmen ein Lohngefüge, das Funktion, Kompetenz und Verantwortungsbereich des einzelnen Mitarbeiters berücksichtigt. «Diese Lohnstruktur ist über das ganze Unternehmen und die verschiedenen Berufe stimmig. Sie gibt uns einen gewissen Rahmen, ist aber alles andere als starr und lässt uns viel Spielraum», sagt Gisler. Bei der Metrohm AG steigen Angestellte mit zunehmendem Dienstalter nicht automatisch in die nächste Lohnstufe auf, wie es bei öffentlichen Verwaltungen oft der Fall ist. «Bei uns braucht es eine offizielle Beförderung», sagt die HR-Leiterin. Dies sei dann aber nicht mehr Sache des HR, sondern der Vorgesetzten.

Die Lohnstruktur bei der Metrohm AG wurde vor Jahren in Zusammenarbeit mit einer Beratungsfirma analysiert. «In diesem Jahr haben wir die verschiedenen Funktionen überarbeitet und auf den Standort Herisau neu abgestimmt. Kurz davor hat dieselbe Beratungsfirma für uns den nationalen Arbeitsmarkt samt Löhnen verglichen.» Dies sei nebst Qualifikation und Erfahrung der Mitarbeiter ein wichtiger «Treiber» für die richtige Entlöhnung. Allerdings, fügt Gisler an, gehörten heute vor allem bei der jüngeren Generation der Lohn, üppige Boni oder ein schickes Geschäftsauto nicht mehr zu den wichtigsten Anstellungskriterien.

«Viele potenzielle Mitarbeiter legen mehr Wert darauf, ein oder zwei Tage im Homeoffice arbeiten oder beim Elternwerden das Pensum reduzieren zu können.» Aber auch das Personalrestaurant, der Fitness- und der Ruheraum würden bei der Metrohm AG sehr geschätzt sowie die Unabhängigkeit des Unternehmens. Seit 1982 gehört es der Metrohm-Stiftung, die gemeinnützige Projekte unterstützt und Schüler in Naturwissenschaften fördert.

 

Roland Bentele, Helvetia Versicherungen Schweiz Bild: FS

Regelmässiger Branchenvergleich
Bei den Helvetia Versicherungen Schweiz mit Hauptsitz in St.Gallen und Basel ist die Höhe des Lohns abhängig von Funktion, Leistung und Führungsverantwortung. «Die Einteilung der Funktionen erfolgt aufgrund systematischer Bewertungen und basiert auf einer bewährten, analytischen Methode», sagt Roland Bentele, der seit Mitte 2019 das Corporate Center bei Helvetia in St.Gallen leitet und seit kurzem auch Mitglied der Konzernleitung ist. «Diese Funktionsgruppen stellen die Vergleichbarkeit auf dem Arbeitsmarkt sicher. Wir unterziehen unsere Lohnstrukturen regelmässig einem Branchenvergleich und passen sie bei Bedarf an.»

Der Konzern ist in den vergangenen 160 Jahren zu einer erfolgreichen, international tätigen Versicherungsgruppe gewachsen und gehört in der Schweiz zu den führenden Allbranchenversicherer. Weltweit beschäftigt die Helvetia- Gruppe rund 11 500 Mitarbeiter. «Im Aussendienst richtet sich das fixe Gehalt zusätzlich nach individuellen Leistungskomponenten, durch die der Lohn abverdient werden muss», sagt Bentele. Das heisst: «Übersteigen die erarbeiteten Leistungskomponenten das Gehalt am Ende eines Produktionsjahres, so wird dieser Teil als variable Vergütung ausbezahlt.» Dieses Prinzip ermöglicht es dem Unternehmen, die Höhe der individuellen Vergütung auf Basis eines mehrjährigen Vergleichs der persönlichen Leistung festzusetzen.

«Das Gesamtpaket ist wichtig»
Bei Helvetia ist der Lohn ein Gesamtpaket bestehend aus monetären Elementen wie dem Fixgehalt, der variablen Vergütung und den Fringe Benefits sowie nicht-monetären Bestandteilen wie Flexibilität und Work-Life-Balance (FlexOffice), Arbeitsklima und Entwicklungsperspektiven. «Wichtig für den Entscheid für oder gegen einen Arbeitgeber ist das Gesamtpaket und nicht bloss die Lohnhöhe», so der Leiter des Corporate Centers. Allerdings spiele in den Versicherungsgesellschaften als Teil der Finanzdienstleistungsbranche die variable Vergütung nach wie vor eine Rolle. «Spesen oder Geschäftsautos sind bei uns aber von untergeordneter Bedeutung. Immer relevanter werden hingegen der Faktor Flexibilität sowie die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.

Hier hat die Corona-Krise sicherlich nochmals einen Schub gegeben.» Im Aussendienst ist die Vergütung der beruflichen Auslagen gemäss Bentele in Form von Spesen ein Vertragsbestandteil. «Insgesamt spielt sie jedoch ebenfalls eine untergeordnete Rolle.» Ein Geschäftsauto werde im Aussendienst nicht gewährt. Viel wichtiger sei die Möglichkeit der Auszahlung der variablen Vergütung. Auch die Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt beeinflussen die Lohnhöhe. «Konjunkturelle Entwicklungen sind Teil der Analysen, beispielsweise Lohnrunden», so Bentele. «Mit unserer Vergütungssystematik im Aussendienst können wir punktuelle Leistungsschwankungen in einem langfristigen Kontext einordnen.

Unseren Mitarbeitern gibt sie Planungssicherheit. » Sind die stabilen Löhne der öffentlichen Hand eine Konkurrenz? «Staatliche Unternehmen lassen sich nur bedingt mit privatwirtschaftlichen Unternehmen vergleichen. Daher beschränken wir uns auf Vergleiche mit den Peers auf unserem Markt.»

Konkurrenzfähig bleiben
Die Vergütungen für Verwaltungsrat und Konzernleitung werden bei Helvetia jährlich vom Nominations- und Vergütungsausschuss (NVA) auf deren Marktfähigkeit und Angemessenheit hin überprüft. Als Basis der fixen Vergütung dienten verschiedene Unterlagen, sagt Bentele.

So werden beispielsweise Vergleichsstudien bei unabhängigen Instituten in Auftrag gegeben, die dann als Benchmark dienen, oder Vergütungsberichte vergleichbarer Konkurrenten ausgewertet. Die variablen Vergütungen der Konzernleitung werden durch den NVA festgelegt und dem Verwaltungsrat zuhanden der Generalversammlung vorgelegt.

Diese genehmigt auch die fixe Vergütung des Verwaltungsrats und der Konzernleitung inklusive CEO. «Der Verwaltungsrat erhält seit der Generalversammlung 2018 keine variable Vergütung mehr.» Bei der Metrohm AG am Standort Herisau beträgt der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter 43 Jahre. «30 Prozent sind über 50 Jahre alt», sagt HR-Leiterin Catherine Gisler. Das müsse sich ein Unternehmen leisten können, aber «wir sind stolz darauf».

Und grosses Fachwissen muss entsprechend entlöhnt werden. «Da versuchen wir, uns auch immer mit der Konkurrenz zu messen, obwohl die bei einem breit aufgestellten Unternehmen wie wir es sind, auch sehr gross ist.» So sei es ihnen beispielsweise bei den Chemikern nicht möglich, lohnmässig mit der Pharmaindustrie in Basel mitzuhalten. «Wir konzentrieren uns auf den Industriestandort Ostschweiz und bleiben hier konkurrenzfähig.»

Dieser Text ist aus der LEADER Ausgabe Oktober. Die LEADER-Herausgeberin MetroComm AG aus St.Gallen betreibt auch stgallen24.ch.

leaderdigital.ch/Marion Loher
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