Hochschule, Theater, Hauptbahnhof, Fussballarena und vieles mehr: In der Hauptstadt kommt zusammen, was zusammengehört. Das gilt für die Stadt St.Gallen in besonderem Mass. Als Zentrum eines komplizierten Ringkantons und mit Ausserrhoder und Thurgauer Nachbarschaft ist St.Gallen ein gesellschaftlicher Hotspot – mit den entsprechenden Zentrumslasten.
In der Hauptstadt bündelt sich der öffentliche Verkehr, stehen die grossen Bildungsinstitutionen, bieten Sport und Kultur vielfältige Angebote.
Der grösste Betrag an Zentrumslasten pro Jahr entfällt dabei auf den Privatverkehr und die Strasseninfrastruktur (16,7 Millionen Franken), danach folgen Kultur (12,2 Millionen), Sport und Freizeit (7,8 Millionen), öffentliche Sicherheit (3,8 Millionen) sowie Bildung, soziale Sicherheit und andere Bereiche.
Zieht man ab, wo und wieviel die Stadt ihrerseits von ihrer Zentrumsfunktion profitiert, so verbleiben rund 28 Millionen Franken jährlich an ungedeckten Ausgaben. 16 Millionen zahlt der Kanton der Stadt bisher zum Ausgleich, zusätzliche 3,7 Millionen will die Regierung jetzt zusätzlich für drei Jahre sprechen.
Die SVP findet das unnötig – und ignoriert, dass vom Lastenausgleich alle profitieren.
Erstens: Gerade kleine, nicht auf Rosen gebettete Landgemeinden wären ohne den innerkantonalen Ausgleich chancenlos. Er sorgt auf diversen Gebieten für mehr Gerechtigkeit. Neun von zehn St.Galler Gemeinden erhalten Ausgleichsgelder. Die Kompensation der Zentrumslasten der Hauptstadt ist nur ein Rädchen in einem sinnvollen und funktionierenden Getriebe. Trotz Ausgleich zahlt die Stadt immer noch acht Millionen Franken jährlich für Leistungen, die anderen zugutekommen.
Zweitens: Wenn das Geld knapp ist, geht es den Kleinen an den Kragen. In der Kultur profitieren – allen voran das Theater St.Gallen, die Museen und weitere etablierte Institutionen – vom bisherigen Lastenausgleich. Sie wären dank Leistungsvereinbarungen auch bei einem Nein nicht unmittelbar betroffen. Ein Nein träfe vor allem das freie Kulturschaffen. Für den Staat sind 3,7 Millionen ein kleiner Betrag – für diverse Projekte vom Sport bis zur Kultur geht es jedoch um die Existenz.
Drittens: Die Stadt St.Gallen ist seit mehr als zehn Jahren im Sparmodus und spart schon jetzt, wo sie kann. Ende Jahr kommt auf den Kanton eine Spardebatte zu. Dannzumal geht es um 180 Millionen Franken, die die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat wegsparen will. Zu befürchten ist, dass auch die Kulturförderung davon betroffen sein wird. Umso wichtiger ist es, jetzt Ja zum Zentrumsbeitrag zu sagen.
Für die igKultur Ost hört die Diskussion allerdings nicht an den Kantonsgrenzen auf.
Auf Dauer braucht die Stadt St.Gallen mehr und substantiellere Unterstützung von Seiten der wohlhabenden Agglomerationsgemeinden. Pro Stadtbewohner gehen jährlich Zentrumsleistungen im Umfang von 373 Franken an Auswärtige. Die Stadt St.Gallen hat die vierthöchsten Steuern im Kanton, während rundherum die Tiefsteueroasen florieren. Ein Nein am 18. Mai wäre daher auch als Signal an die umliegenden Gemeinden fatal.
Ein Ja am 18. Mai stärkt St.Gallen als Hauptstadt mit einem vitalen Kulturleben, als Bildungsstandort und als Kompetenzzentrum, von dessen Know-how und Leistungen Gemeinden in der ganzen Ostschweiz profitieren. Statt einem herbeigeredeten Stadt-Land-Graben braucht der Kanton St.Gallen Brücken zwischen Land und Stadt.