Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Stadt St.Gallen
24.04.2025
24.04.2025 10:10 Uhr

Ein Leben im Dienst des Glaubens und der Gemeinschaft

Hans Rudolf Schibli, hier auf einer Aufnahme von 1987
Hans Rudolf Schibli, hier auf einer Aufnahme von 1987 Bild: zVg
Im 99. Lebensjahr ist Pfarrer Hans Rudolf Schibli am 31. März 2025 verstorben. Mit ihm geht eine der prägenden Gestalten des St.Galler Kirchlebens – ein Theologe mit weitem Herzen, ein Seelsorger mit Bodenhaftung und ein Mensch mit wachem Geist bis ins hohe Alter.

Hans Rudolf Schibli (*16. März 1927) war vieles: Pfarrer, Kirchenratspräsident, Familienmensch, Geschichtenerzähler, Gastgeber. Dabei war die Theologie zunächst gar nicht sein Ziel. Ursprünglich wollte er Journalist oder Politiker werden. Ein pragmatischer Vater und eine ebensolche Ausbildung zum Lehrer führten ihn auf Umwege – bis ihn eine Sonntagschullehrerin um Vertretung bat.

Die Vorbereitung auf diese Aufgabe wurde zur Wende.

Pfarrer Christian Lendi erkannte das Potenzial und überzeugte Schiblis Vater, dem Sohn das Theologiestudium zu ermöglichen. In nur vier Jahren absolvierte Hans Rudolf Schibli dieses – seine Abschlussarbeit schrieb er über die Täufer in St.Gallen.

Es folgten Pfarrstellen in Stein SG und Kreuzlingen, bevor er 1961 nach St.Georgen kam – in jene Kirchgemeinde, die zu seinem Lebensmittelpunkt wurde und in der auch ich ihn als Primarschüler kennenlernen durfte.

Hans Rudolf Schibli (1927-2025) Bild: zVg

Von 1977 bis 1980 war er zudem im Halbamt Kirchenratspräsident, danach bis 1984 im Vollamt. Doch seine Berufung galt stets der Gemeindearbeit. Und so kehrte er nach seiner Amtszeit in den Kirchkreis St.Laurenzen-St.Mangen zurück, wo er mit Pfarrer Karl Graf in fruchtbarer Zusammenarbeit wirkte – bis weit über das Pensionsalter hinaus. Noch im Alter von 80 Jahren übernahm er Vertretungen. Und als seine Urgrosskinder getauft wurden, stand er noch einmal am Taufstein.

Hans Rudolf Schibli war ein Pfarrer, dem alle Türen offenstanden – nicht nur im übertragenen Sinn.

 Die gelebte Gemeinschaft, das offene Gespräch, das verbindende Wort – das war seine Art, Kirche zu leben. Dabei war er nie blind gegenüber Herausforderungen. Er sorgte sich um die Zukunft der Kirche, vermisste mitunter die grossen Visionen und wünschte sich eine neue Sprache des Glaubens, die den Menschen von heute erreicht. Er war überzeugt: Die Verbindung zu Gott trägt – doch sie muss immer wieder neu erschlossen werden.

Die letzten Lebensjahre verbrachte Hans Rudolf Schibli im Altersheim Rotmonten; noch im hohen Alter blieb er zugewandt, interessiert und voller Dankbarkeit für ein reiches Leben.

Mit seinem Tod verliert St.Gallen einen engagierten Theologen, einen lebensnahen Seelsorger und einen feinsinnigen Menschen, der viele berührte – durch seine Worte ebenso wie durch sein Dasein. Sein Wirken bleibt in Erinnerung.

Stephan Ziegler, stgallen24.ch
Demnächst