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Schweiz
12.03.2025
12.03.2025 16:48 Uhr

Martin Pfister ist neuer Bundesrat

Dürfte das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport übernehmen: Martin Pfister.
Dürfte das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport übernehmen: Martin Pfister. Bild: MG
Es ist eine Überraschung: Im zweiten Wahlgang wurde der Zuger Regierungsrat Martin Pfister in den Bundesrat gewählt. Favorit Markus Ritter ist geschlagen. Mit Galerie.

Es war ein ungleiches Spiel. Der 57-jährige St. Galler Markus Ritter, seit 14 Jahren Nationalrat und als Bauernpräsident in Bern bestens vernetzt, sass während der Wahl im Parlamentssaal und konnte sich selbst wählen.

Pfister erlebt seinen Sieg draussen

Martin Pfister dagegen, der 61-jährige Regierungsrat aus Zug, musste das Prozedere im Bundeshaus in einem separaten Zimmer am Bildschirm verfolgen.

Doch am Schluss konnte der Historiker als Sieger in den grossen Saal einziehen. Im zweiten Wahlgang gewann er mit 134 zu 110 Stimmen. Schon im ersten Wahlgang hatte er das absolute Mehr (mit 122 Stimmen) nur knapp verpasst.

Zeichen für die urbane Schweiz

Letztlich ist Wahl Pfisters auch ein Zeichen zugunsten der urbanen Schweiz. Während Ritter wie kein Zweiter für die Bauernlobby steht, zieht nun eine Persönlichkeit aus einem städtischen Kanton und aus einem wirtschaftsliberalen Umfeld in die Exekutive ein.

  • Martin Pfister ist neuer Bundesrat. Bild: keystone-sda
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  • Applaus für den neuen Bundesrat. Bild: keystone-sda
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  • Applaus für den neuen Bundesrat. Bild: keystone-sda
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  • Martin Pfister wird vereidigt. Bild: keystone-sda
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  • Der Bundesrat nach der Wahl von Martin Pfister (2.v.r.). Bild: keystone-sda
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Noch immer vier bauernnahe Bundesratsmitglieder  

Noch immer ist der Bauernstand im Bundesrat aber gut vertreten.  Die SVP stellt gleich zwei Landwirte, den Weinbauern Guy Parmelin und den Agronomen Albert Rösti – beide sind als Bauernbuben auf einem Hof aufgewachsen. 

Auch SP-Bundesrat Beat Jans ist ausgebildeter Landwirt und Umweltwissenschaftler. Und seine Parteikollegin Elisabeth-Baume Schneider ist zwar studierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin, bringt aber als Bauerntochter und Hobby-Schafzüchterin zusätzliches landwirtschaftliches Flair in die Landesregierung. 

Jetzt wohl das VBS

Martin Pfister kann dies egal sein. Er nahm die Wahl mit grosser Freude zur Kenntnis. Der neue Mann dürfte das Verteidigungsdepartement der abtretenden Bundesrätin Viola Amherd übernehmen.

Die denkwürdigsten Bundesratswahlen der Geschichte

Bisweilen sind Bundesratswahlen Formsache und wenig spannend. Doch manchmal sind sie denkwürdig. Ein Blick zurück.

1848, 177 und 123 – mit diesen drei Zahlen lassen sich die heutigen Bundesratswahlen umschreiben. 1848 steht für das Geburtsjahr der modernen Schweiz und das Jahr der allerersten Bundesratswahl. 177 Jahre sind seither vergangen – und heute wird das insgesamt 123. Mitglied der Landesregierung gewählt. Einige Wahlen haben Geschichte geschrieben. Eine Auswahl:

2007: Ein Coup gelingt – Christoph Blocher wird abgewählt
Am 12. Dezember 2007 steht eine Gesamterneuerungswahl des Bundesrats an. Meist ist das Routine. Danach sieht es auch an diesem Tag aus: Moritz Leuenberger (SP), Pascal Couchepin (FDP), Samuel Schmid (SVP), Micheline Calmy-Rey (SP), Hans-Rudolf Merz (FDP) und Doris Leuthard (CVP) werden im Amt bestätigt.

Als Letztes erfolgt die Wahl von Christoph Blocher (SVP). Und da kommt es zur Überraschung: Gewählt wird nicht Blocher, sondern die von einer Allianz der Mitte-links-Parteien unterstützte damalige Bündner SVP-Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Ihre Annahme der Wahl führt zur Spaltung der SVP und zur Gründung der BDP.

2003: Ruth Metzler wird abgewählt – die «Zauberformel» zerbricht
Dass Mitglieder der Landesregierung abgewählt werden, ist selten. Vor der Abwahl Christoph Blochers kam dies dreimal vor: in den Jahren 1854, 1872 und 2003. Christoph Blocher, der – Ironie der Geschichte – vier Jahre später dasselbe Schicksal erfahren wird, holt den Sitz der CVP-Bundesrätin Ruth Metzler.

Die SVP hat damit erstmals zwei Sitze in der Landesregierung inne; die seit 1959 bestehende «Zauberformel» – je zwei Sitze für SP, CVP, FDP sowie ein Sitz für die SVP – zerbricht.

1993: Die Wut der Frauen veranlasst einen Mann zum Verzicht
Am 3. März 1993 will die SP mit Nationalrätin Christiane Brunner den Sitz ihres zurückgetretenen Bundesrats René Felber halten. Die Vereinigte Bundesversammlung wählt aber nicht Brunner, sondern Nationalrat Francis Matthey, den die SP-Fraktion gar nicht zur Wahl vorgeschlagen hat. Matthey erbittet Bedenkzeit; die Wut, insbesondere der Frauen, entlädt sich in zahlreichen Demonstrationen.

Matthey verzichtet schliesslich auf die Annahme der Wahl. Die SP schlägt der Vereinigten Bundesversammlung ein Zweierticket mit Christiane Brunner und Ruth Dreifuss, damals Zentralsekretärin des Gewerkschaftsbunds, vor. Am 10. März wird Dreifuss in den Bundesrat gewählt.

1984: Elisabeth Kopp – die erste Frau zieht in die Regierung ein
Der Bundesrat liesse sich treffend als «Männerclub» umschreiben – zumindest bis 1984. Am 2. Oktober schafft mit der Zürcher FDP-Nationalrätin Elisabeth Kopp erstmals eine Frau die Wahl in die Landesregierung.

Noch mehr Aufsehen erregt allerdings ihr Abgang Anfang 1989: Zum Verhängnis wird Kopp ein Anruf an ihren Mann Hans W. Kopp im Zusammenhang mit Geldwäschereivorwürfen gegen eine Firma, in der dieser damals im Verwaltungsrat sitzt. Dass das Bundesgericht Elisabeth Kopp später vom Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung entlastet, nützt ihr nichts. Kopp wird quasi über Nacht zur Persona non grata.

1983: Der Bundesrat bleibt, was er ist – männlich
1971 führt die Schweiz das Frauenstimmrecht ein. Zwölf Jahre später schlägt erstmals überhaupt eine Bundesratspartei eine Frau zur Wahl in die Landesregierung vor: Die SP tritt mit Nationalrätin Lilian Uchtenhagen an – und scheitert. Die Vereinigte Bundesversammlung wählt im ersten Wahlgang SP-Nationalrat Otto Stich.

Quelle: SRF.ch

Thomas Renggli
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