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Leserbrief
Stadt St.Gallen
11.03.2025
12.03.2025 10:39 Uhr

«Tieftempowahn in der Stadt St.Gallen»

Patrik Angehrn
Patrik Angehrn Bild: patrik-angehrn.ch
In seinem Leserbrief teilt der St.Galler Mitte-Politiker Patrik Angehrn seine Gedanken rund um den «Tieftempowahn» in der Stadt.

«Das ursprünglich von der Kantons- und Stadtregierung beabsichtigte Tieftemporegime auf der Ost-West-Hauptverkehrsachse wurde beerdigt. Zudem hat der Kantonsrat entschieden, auf Kantonsstrassen nur noch in absoluten Ausnahmefällen Tempo 30 zuzulassen.

Und was passiert in der Stadt St.Gallen?

Ungeachtet dieser Entwicklungen verfolgt der Stadtrat immer noch seine Ideologie, auf möglichst allen Strassen das Tempo zu senken. Dabei gilt es doch zu unterscheiden: In klassischen Quartierstrassen (siedlungsorientierte Strassen) soll Tempo 30 auf Wunsch einer Mehrheit der Quartierbewohnenden möglich sein.

Dagegen haben verkehrsorientierte Strassen (z. B. Gemeindestrassen 1. Klasse) den Zweck, die Mobilität von Autos, Velos und Bussen flüssig und effizient abzuwickeln. Auf diesen Strassen hat aus meiner Sicht Tempo 30 nichts verloren; analog zu den Kantonsstrassen.

Aber was macht unser Stadtrat?

Dieser plant munter die Einführung von Tempo 30 an der Fürstenlandstrasse. Dafür sind 150'000 Franken vorgesehen, das Tieftemporegime mit baulichen Massnahmen im Jahr 2025 umzusetzen.

Auf dieser verkehrsorientierten Gemeindestrasse 1. Klasse besteht kein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Auch gibt es wenige Wohnbauten, welche direkt an der Fürstenlandstrasse stehen und deren Bewohnende vom Lärm geplagt sind.

Es grenzt an einen Wahn, auf solchen Strassen überhaupt ein Tieftempo vorzuschlagen.

Und vergessen wird nicht, auch Polizei, Feuerwehr und Notarzt dürfen bei Dringlichkeitsfahrten das Höchsttempo nicht deutlich überschreiten. Aktuell laufen Bestrebungen, Tempo 30 Zonen oder Begegnungszonen (Tempo 20) einzuführen. Dazu werden Umfragen bei den Betroffenen gemacht.

Ich begrüsse solche Umfragen, nur muss die ganze Wahrheit offengelegt werden. Die Begegnungszone hat in der Regel zur Folge, dass bestehende Trottoirs zurückgebaut und Parkplätze aufgehoben werden. Dabei irritiert das Weglassen von Trottoirs gewaltig.

Wenn also Umfragen gemacht werden, dann bitte die mit dem Tieftempo zusammenhängenden Konsequenzen aufzeigen. Nur dann macht eine Umfrage überhaupt Sinn.

Apropos Umfragen: Wenn die Mehrheit der Befragten eine Tieftempozone wünscht, dient dies als gute Begründung für die Stadt. Und wenn eine Mehrheit keine Temporeduktion wünscht, wird das Umfrageergebnis als nicht repräsentativ erklärt (Webersbleiche). 

Man merke, ein Umfrageergebnis kann unterschiedlich interpretiert werden.

Ich wünschte mir, dass die Stadt differenzierter mit dem Tieftemporegime umgeht. In Quartieren und sofern die Mehrheit der Bewohnenden dafür ist, können diese auf siedlungsorientierten Strassen umgesetzt werden. Auf Erschliessungsstrassen und damit verkehrsorientierten Strassen soll Tempo 30 nur in Ausnahmefällen geprüft werden.

Und noch etwas anderes: Ist Ihnen auch aufgefallen, dass aktuell in der Stadt an den unmöglichsten Orten diverse Verkehrsschilder montiert werden? An Treppen, wo kein Auto oder Velo durchfahren kann, stehen nun Tempo-30-Signale.

Der Gipfel ist, wenn zu Beginn des Weges ein generelles Fahrverbot steht und einige Meter später die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer beschränkt wird! Gibt es denn niemanden bei der Stadt, der die Standorte dieser Tafeln hinterfragt und dem Schilderwahn Einhalt gebietet?»

Patrik Angehrn, St.Gallen
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