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Stadt St.Gallen
01.03.2024
01.03.2024 14:58 Uhr

Lange genug gewartet

Vor dem Bundesverwaltungsgericht versammelte sich eine Gruppe, um einer jungen Iranerin zu helfen.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht versammelte sich eine Gruppe, um einer jungen Iranerin zu helfen. Bild: Jonas Schönenberger
Ungefähr 25 Menschen versammelten sich heute Freitag vor dem Bundesverwaltungsgericht in St.Gallen. Sie alle solidarisieren sich mit einer jungen Iranerin, die seit acht Jahren in der Schweiz lebt, vor kurzem die Matura abgeschlossen hat, aber keine Arbeitsbewilligung erhalten hat.

Vor acht Jahren kam M. H. mit ihrer Familie aus dem Iran in die Schweiz. Die politischen Umstände in der iranischen Theokratie zwangen sie zur Flucht. In der Schweiz beginnt sie, sich zu integrieren und lernt Deutsch.

Matura abgeschlossen

Der Deutschlehrerin von M. H. fällt schnell ihr schulisches Talent auf. Sie empfiehlt ihr daher, ans Gymnasium zu gehen. Und tatsächlich, im Sommer 2023 schliesst sie die Matura an der Kantonsschule am Burggraben erfolgreich ab.

Ihr Wunsch: Wirtschaft zu studieren. Die finanziellen Mittel fehlen M. H. jedoch. Deshalb möchte sie sich eine Arbeit suchen, um für das Studium zu sparen. Doch das ist nicht möglich. Denn solange Asylbewerber in der Schweiz keine Aufenthaltsbewilligung haben, dürfen sie keiner Arbeit nachgehen.

Seit bald sechs Jahren wartet die Familie von M. H. auf einen Bescheid des Bundesverwaltungsgerichts. Bild: Jonas Schönenberger

Seit sechs Jahren um Bleiberecht bemüht

Eine belastende und frustrierende Situation für M. H. und ihre Familie: «Wir wollen einfach nur ein normales Leben führen, unseren Beitrag leisten und unsere Träume verfolgen», heisst es auf einem Flugblatt.

Seit ihrer Ankunft vor rund acht Jahren bemüht sich die Familie um das Bleiberecht. Die erste Nachfrage endete mit einem Negativentscheid. Seitdem ist das Asylverfahren hängig.

Mit der Geduld am Ende

Dieses Verfahren dauere an. «Ich kontaktiere das Bundesverwaltungsgericht fast jede Woche, aber ein Entscheid ist immer noch nicht gefallen», sagt M. H. gegenüber stgallen24.ch.

Die Antwort des Bundesverwaltungsgerichts sei immer dieselbe: «Bitte haben Sie Geduld, in den nächsten Wochen schliessen wir Ihr Verfahren ab.» Doch der Geduldsfaden ist bei M. H. und ihrer Familie langsam aber sicher arg strapaziert.

Die Demonstranten beriefen sich auf das Recht auf Bildung. Bild: Jonas Schönenberger

«Wie im Gefängnis»

«Es sind acht Jahre wie im Gefängnis», beschreibt ihr Vater die Gefühlslage, «wenn jemand ein Verbrechen begeht, kommt er vielleicht nach fünf Jahren wieder frei. Aber bei uns dauert das womöglich noch weitere 20 Jahre.»

Besonders bitter für die Familie ist die Tatsache, dass die meisten anderen Familien, die sie damals bei ihrer Ankunft im Asylzentrum kennengelernt hatten, ihre Aufenthaltsbewilligung erhalten haben. «Die Schweiz ist eigentlich ein faires Land», sagt M. H., «aber beim Asyl trifft das nicht wirklich zu.»

Die Behörden würden ihre Geschichte nicht glauben, so M. H. «Andere haben genau dasselbe Schicksal erlitten wie wir und haben das Bleiberecht bekommen. Die konnten die Geschichte wohl glaubhafter machen als wir.»

Die Gruppe sammelte Unterschriften, um ihre Forderungen zu untermauern. Bild: Jonas Schönenberger

Es gibt Unterstützung

Auch bei den anwesenden Demonstranten sorgt der langwierige Prozess für Unverständnis. «Das ist eine junge Frau, die arbeiten will, die sich engagieren will. Und man schiebt ihr hier einfach den Riegel vor», sagt Maya Leu vom Solidaritätsnetz Ostschweiz. Sie hat die Mahnwache gemeinsam mit Nicole Otto organisiert.

Ein weiterer Demonstrant gibt zu bedenken: «Man kann doch diese Leute nicht einfach rumsitzen lassen. Wenn man ihnen nicht die Chance gibt, Geld zu verdienen, machen sie irgendwann noch einen ‚Seich‘.»

An der Mahnwache sammelten M. H. und die Organisatorinnen Unterschriften, um das Bundesverwaltungsgericht zu überzeugen. Nun hoffen sie, dass dieses die Situation ernst nimmt und M. H. vielleicht schon bald ihre Träume verwirklichen kann.

Jonas Schönenberger
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