Thermische Netze sind ein wichtiger Bestandteil in der Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bundes und zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bei den Treibhausgasemissionen. Diese Erkenntnis steht im Einklang mit dem städtischen Energiekonzept 2050, weshalb der Stadtrat den schnellstmöglichen und vollständigen Ausbau der St.Galler Fernwärmeversorgung anstrebt.
Sie wurde in den 1980er Jahren in Betrieb genommen und im Rahmen der beiden Ausbauphasen eins und zwei, die noch etwa bis zum Jahr 2026 dauern, erweitert. Aktuell werden mehr als 1'500 Gebäude mit rund 160 Gigawattstunden Wärme für Heizung und Warmwasser versorgt. Die Nachfrage nach Fernwärme hat im Zuge der aktuellen Energiesituation nochmals zugenommen.
Gesamte Talsohle ausser Winkeln
Um die Wärmeversorgung in St.Gallen weiter zu ökologisieren und um der hohen Nachfrage zu begegnen, bereitet der Stadtrat weitere Etappen vor, sodass der Ausbau nahtlos weitergehen kann. Damit soll auch die Planungssicherheit für die Gebäudeeigentümerschaft und für die St.Galler Stadtwerke erhöht werden.
Ab dem Jahr 2027 kann mit den Ausbauphasen drei und vier, abgestimmt auf die laufende energetische Sanierung des Gebäudebestands der Stadt, das Gebiet in der Talsohle unterhalb der technischen Grenze von 700 Metern über Meer an die Fernwärme angeschlossen werden. Innerhalb der nächsten 15 Jahre werden voraussichtlich alle Eigentümer im künftigen Fernwärmegebiet die Möglichkeit erhalten, ihre Liegenschaften an das Fernwärmenetz anzuschliessen.
Davon ausgenommen bleibt das Gebiet Winkeln. Da ein Anschluss an die Fernwärme westlich des Sittergrabens technisch schwierig und wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, wird die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung über den Ausbau des Niedertemperaturnetzes der Energienetz GSG AG erfolgen.
Fernwärme-Ziel 2050
Der Zielwert für die Fernwärmeproduktion im Jahr 2050 beträgt gemäss städtischem Energiekonzept 2050 rund 320 Gigawattstunden. Mit dieser im Vergleich zu heute doppelt so hohen Wärmemenge können rund 50 Prozent des dereinstigen Wärmebedarfs in St.Gallen gedeckt werden.
Um den weiteren Ausbau der Fernwärmeversorgung wirtschaftlich und ökologisch voranzutreiben, sind zusätzliche erneuerbare Energiequellen notwendig. Ein Teil davon soll Holz aus den Wäldern der Region sowie Altholz liefern, der andere Teil wird über die Optimierung bestehender Prozesse erreicht.
Neben der bereits seit November 2022 in Betrieb stehenden wirkungsgradoptimierten Energiewandlung im Kehrichtheizkraftwerk, die zusätzliche Abwärme im Umfang von jährlich zwischen 20 und 25 Gigawattstunden erzeugt, werden insbesondere folgende Optimierungsmassnahmen umgesetzt:
- Ersatzinvestitionen in die der Spitzenabdeckung und Redundanz dienenden Heisswasser- und Ersatzdampfkessel der Fernwärmezentrale Au
- Realisierung einer Heisswasserspeicheranlage, die Lastschwankungen über den Tagesverlauf ausgleicht
- Integration eines neuen Blockheizkraftwerks, das neben Wärme auch wertvollen Winterstrom erzeugt
- Beteiligung an einem Holzheizwerk und an einem Altholzheizkraftwerk.
Die Stimmbürgerschaft entscheidet
Der Investitionsbedarf für die Projektierung und den Ausbau des Fernwärmenetzes (Phasen drei und vier) sowie für den Bau eines Holzheizkraftwerks als zusätzliche nicht-fossile Wärmequelle für die Fernwärmeversorgung beträgt 153,79 Millionen Franken (Rahmenkredit).
Für die Realisierung eines zusätzlichen Blockheizkraftwerks in der Fernwärmezentrale Waldau werden ein Beitrag aus dem Energiefonds in Höhe von 1,36 Millionen Franken und aus den Reserven «ökologischer Umbau der Stromproduktion» der sgsw von ebenfalls 1,36 Millionen Franken gesprochen. Für Massnahmen zur Realisierung vorgezogener Fernwärmeanschlüsse ist ein Rahmenkredit in Höhe von einer Millionen Franken vorgesehen.
Das Geschäft wird voraussichtlich an der Stadtparlamentssitzung vom 23. Mai 2023 behandelt und untersteht dem obligatorischen Referendum.