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27.03.2023

Weniger kranke Igel im Walter Zoo

Bild: Walter Zoo Gossau SG
Naturfreunde bringen nach wie vor eine grosse Anzahl Braunbrustigel in die Igelpflegestation im Walter Zoo in Gossau . 349 kranke oder verletzte stachelige Säuger wurden im Berichtsjahr 2022 zur Pflege übergeben – 14 Prozent weniger als im Vorjahr.

Belastungsspitzen sind weniger stark

Im Jahr 2022 wurden weniger Igel eingeliefert, deren Aufnahmen zudem zeitlich gleichmässiger verteilt waren. Das führte einerseits zu weniger starken Belastungsspitzen als im Jahr 2021, andererseits verlängerte dieser Umstand die Hauptsaison.

Im Jahr zuvor wurden 409 Igel aufgenommen, von denen fünf Tiere wiederholt vorgestellt wurden. Es wurden 404 individuelle Igelpatienten im 2021 betreut. Im Jahr 2022 wurden 349 Igel aufgenommen und keiner wiederholt vorgestellt. Dies sind 55 Igelpatienten weniger als im Vorjahr.

Winterschlaf in der Station problemlos

Zu Beginn des Jahres 2022 befanden sich bereits elf Igel im Winterschlaf. Im Laufe der ersten beiden Monate wurden weitere sieben Tiere ins Winterschlafquartier gebracht, welche alle ausgewildert werden konnten.

«Interessanterweise haben alle männlichen Igel ihren Winterschlaf zwischen Ende März und Mitte April beendet, während die meisten weiblichen Igel bis Ende April oder Anfang Mai schliefen.

Dieses versetzte Erwachen aus dem Winterschlaf gehört zum natürlichen Rhythmus der Igel und hängt vermutlich unter anderem damit zusammen, dass Igelweibchen den Winterschlaf später antreten, um nach der Mutterschaft mehr Zeit für die Wiedergewinnung ihrer Fettreserven zu haben.» meint Monika Bochmann, die Leiterin der Wildtierstationen des Walter Zoos.

Parasiten stets das häufigste Problem

Von den 349 Igeln, die im Laufe des Jahres in die Station gebracht wurden, waren 174 Tiere (49.9 Prozent) weiblich und 175 Tiere (50.1 Prozent) männlich. Am häufigsten werden junge Igel gebracht. Zwei Drittel (232 Tiere) der Igel waren noch in ihrem ersten Jahr. Sie waren folgendermassen aufgeteilt: 27 (7.8 Prozent) Neugeborene (wovon fast alle verwaist waren), 105 (30.1 Prozent) juvenile, 100 (28.7 Prozent) subadulte (fast erwachsene) Igel.

Insgesamt hatten 335 Tiere (96 Prozent) Parasiten, bei 221 Tieren führte dies zu einer ernsten Erkrankung. 76 Igel (21.8 Prozent) hatten erkrankte Atemwege (meist Lungenentzündung), 53 Tiere (15.2 Prozent) hatten eine Magen-Darm-Erkrankung, 71 Igel (20.3 Prozent) waren dadurch bereits sehr stark abgemagert und geschwächt. Selten wurde bei einem Tier nur eine einzige Diagnose gestellt.

Bei 107 Igeln (30.7 Prozent) wurde ein Trauma (Verletzung) diagnostiziert, ebenfalls unverändert zum Vorjahr als zweithäufigstes Problem. Mit offenen und teils bereits infizierten Wunden wurden 40 Igel (11.5 Prozent), mit Knochenbrüchen 35 Igel (10.0 Prozent) eingeliefert.

In den meisten Fällen (65 Tiere, 18.6 Prozent) ist die genaue Ursache des Traumas unklar. Doch einige Ursachen sind altbekannt: 15 Tiere (4.3 Prozent) wurden durch Rasenmäher, zwölf (3.4 Prozent) durch Autos und vier Tiere (1.1 Prozent) durch einen Sturz in die Tiefe verletzt. Zusätzlich wurden acht Igel (2.3 Prozent) eingesperrt, sechs (1.7 Prozent) hatten sich irgendwo verfangen, oder ihr Winterquartier wurde zerstört (drei Tiere, 0.9 Prozent).

Zu klein für den Winterschlaf waren 35 Igel (10 Prozent), 23 (6.6 Prozent) waren verwaiste Säuglinge, deren Mutter verschwand und 19 (5.4 Prozent) waren Jungigel, die sich allein nicht richtig entwickelten.

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Igel sind selten dickleibig

Von den 349 Igeln, die letztes Jahr aufgenommen wurden, waren 298 Tiere in schlechtem Nährzustand: 270 (77.4 Prozent) waren bereits mager oder abgemagert und 28 Tiere (acht Prozent) wurden als schlank klassifiziert.

Nur 45 Igel (12.9 Prozent) hatten einen normalen Nährzustand und fünf Tiere (1.4 Prozent) waren zu dick. Dicke Igel kommen allerdings in der Natur nur extrem selten vor. Die dicken Tiere befanden sich vorher in menschlicher Obhut und wurden gefüttert.

«Erwähnenswert ist, dass fast alle dicken und zugefütterten Igel starken Lungenwurmbefall hatten. Eine Zufütterung von gesunden Igeln wird deshalb nicht empfohlen, da diese sich gegenseitig mit Parasiten anstecken können. Zudem ist Katzenfutter durch seinen hohen Energiegehalt nur für die vorübergehende Fütterung geeignet.

Sobald ein Igel wieder fit ist, sollte er sich seine Nahrung (die hauptsächlich aus Insekten besteht) in der Natur selbst suchen – das ist das Gesündeste für die Tiere.» meint die Veterinärin Monika Bochmann.

Aufgrund des meist schlechten Zustandes der Tiere bei Einlieferung ist es auch nicht überraschend, dass nur 158 Igel (45.3 Prozent) die ersten 24 Stunden nach ihrer Ankunft in der Pflegestation überlebten. Von diesen konnten allerdings 98 Igel (62 Prozent) nach ihrer Genesung wieder ausgewildert werden.

Trotz medizinischer Behandlung und Pflege sind 27 Tiere verstorben (17.1 Prozent) und 22 Igel (13.9 Prozent) mussten wegen fehlender Verbesserung oder Verschlechterung ihres Zustandes erlöst werden. Zum Jahresende befanden sich noch elf Tiere (7 Prozent) auf der Station.

Mehr als zwei Wochen Pflege und Therapie pro Tier

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der Igelpflegestation betrug 17,7 Tage. Jungtiere waren meist etwas länger in der Station, da sie häufig noch an Gewicht zulegen mussten. Erwachsene Igel waren etwas schneller wieder fit und bereit für die Auswilderung.

Besonders in der Hauptsaison, wenn junge Igel mehrmals täglich mit Geduld und Fingerspitzengefühl gefüttert werden müssen, ist dies ein enormer Aufwand, der nur dank freiwilligen Helferinnen und Helfern möglich ist. Strikte Hygiene ist enorm wichtig, weshalb jede Wanne täglich gereinigt und alle paar Tage gründlich desinfiziert werden muss.

Bildung und Beratung der Bevölkerung

Insgesamt wurden im letzten Jahr 1’312 Telefonate geführt. Die persönliche telefonische Beratung und Aufklärung der Bevölkerung ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Igelpflegestation. Igel und Menschen leben in den Siedlungsgebieten nebeneinander und müssen sich miteinander arrangieren. Jedem Finder, der einen Igel in die Station bringt, wird ein informativer Flyer ausgehändigt, welcher häufige Fragen zum Thema Igel beantwortet.

Jahresende und Ausblick aufs nächste Jahr

Ende des Jahres 2022 war das Wetter sehr mild und die Temperaturen lagen meist über dem Gefrierpunkt. Das führte dazu, dass sich kein einziger Igel zum Jahreswechsel im Winterschlaf befand.

Im Gegenteil: Es konnten sogar einige Tiere ausgewildert werden, da sie noch genügend Zeit hatten, sich bis zum nächsten Kälteeinbruch ein Nest einzurichten und ihren Winterschlaf in der Natur zu machen.

Der Schutz der Igel und anderer einheimischer Wildtiere ist für den Walter Zoo ein grosses Anliegen: Nicht nur durch die Pflege der Tiere und die Aufklärung der Bevölkerung, sondern auch durch einen Beitrag zur Forschung auf dem Gebiet der Wildtiere.

Faszination Tiere im Walter Zoo

Der Walter Zoo in Gossau SG beherbergt über 1‘000 Tiere aus rund 120 verschiedenen Arten, die Botschafter für ihre wilden Artgenossen sind. Sie begeistern jährlich rund 280‘000 Besuchende für Natur- und Artenschutz-Themen und wecken Verständnis und Faszination für die Tierwelt und deren Lebensräume. Die artgerechte Pflege und das Wohlbefinden der Tiere hat oberste Priorität. Der Walter Zoo betreibt zudem zwei Pflegestationen für einheimische Wildtiere (Wildvogelpflegestation St. Gallen und Igelpflegestation in Gossau) und übernimmt so auch für den Schutz der einheimischen Tierwelt Verantwortung.

Der Zoo wurde 1961 durch Walter und Edith Pischl gegründet und war damals als «Tierli-Walter» bekannt. Die heutige Walter Zoo AG beschäftigt über 100 Mitarbeiter.

sir/pd
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