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26.01.2022
27.01.2022 08:55 Uhr

Medienpaket annehmen oder ablehnen?

Bild: pexels
Am 13. Februar wird über das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» abgestimmt. Die Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern wird immer hitziger und emotionaler. Eine Gegenüberstellung der wichtigsten Argumente.

Darum gehts:
Zeitungen, private Radio- und Fernsehstationen sowie Online-Medien versorgen die Bevölkerung täglich mit Informationen aus ihrer Region und der Schweiz. Sie tragen zur politischen Meinungsbildung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei, weswegen sie auch als vierte Gewalt gelten.

Trotz ihrer Bedeutung sind die lokalen und regionalen Medien aber finanziell unter Druck geraten: Werbegelder fliessen seit Jahren ab. Viele Zeitungen sind verschwunden. Auch die privaten Radio- und Fernsehstationen haben weniger Werbeeinnahmen.

Bundesrat und Parlament wollen die lokalen und regionalen Medien stärken. Der Bund vergünstigt seit langem die Zustellung von abonnierten Zeitungen (indirekte Förderung). Diese Vergünstigung wird auf Zeitungen mit grösserer Auflage und auf die Zustellung früh am Morgen ausgedehnt. Zudem werden Online-Medien gefördert, und Lokalradios und das Regionalfernsehen können finanziell stärker unterstützt werden (direkte Förderung).

Die Fördermassnahmen werden aus den Einnahmen der bestehenden Radio- und Fernsehabgabe sowie über den Bundeshaushalt finanziert.

(admin.ch)

Über dieses Massnahmenpaket wird nun am 13. Februar abgestimmt, weil gegen die Vorlage das Referendum ergriffen wurde. Die wichtigsten Punkte und Argumente hier aufgelistet:

Abhängig oder unabhängig?

Eine grosse Befürchtung der Gegner ist, dass die Medien vom Staat abhängig werden. Ganz nach dem Motto: «Wes Brot ich ess', des Lied ich sing». Aber auch die Glaubwürdigkeit würde verloren gehen – alleine wenn der Leser im Hinterkopf habe, dass die Zeitung, welche er gerade liest, staatlich unterstützt ist.

Die Befürworter des Pakets argumentieren dagegen und meinen, dass die Medien immer abhängiger von Werbekunden oder reichen, anonymen Investoren werden, wenn die Finanzierung nicht gesichert sei. Mit dem Medienpaket würden Staat und Medien klar getrennt bleiben, und es würden progressive wie auch konservative Titel unterstützt werden.

Medien-Vielfalt in der Schweiz gefährdet

Schon heute werden die kleineren Verlage mit jährlich über 30 Millionen Franken subventioniert. Bei Ablehnung des neuen Gesetzes bleiben diese Subventionen bestehen. Für die Kleinen sei also auch künftig gesorgt, findet das Nein-Komitee. Durch die Subventionierung der Grossverlage hätten neue, innovative Medien keine Marktchancen mehr. Das Subventionsgesetz führe nach ihnen zu weiterer Medienarmut und zu noch mehr «journalistischem Einheitsbrei».

Regionale Medien sind durch den Einbruch im Werbemarkt massiv unter Druck – und mit der Verlagerung ins Digitale liesse sich heute in den Gemeinden und Regionen noch kein Geld verdienen. Dazu bräuchte es neue Geschäftsmodelle und Investitionen, welche die Unternehmen aber kaum aus eigener Kraft tätigen könnten, argumentieren die Befürworter des Medienpakets. Hier setze das Paket an: Die Unterstützung sei überschaubar, zeitlich begrenzt und unterstütze die kleinen, regionalen sowie lokalen Medienunternehmen im Verhältnis deutlich stärker. Es helfe, das journalistische Angebot in den Regionen sicherzustellen.

Werbeeinnahmen sinken stetig

Die lokalen und regionalen Medien geraten immer weiter unter finanziellen Druck. Die Werbeeinnahmen der Schweizer Medien nehmen seit Jahren stetig ab und gemäss dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) wurde seit 2003 der Druck von 70 Titeln eingestellt oder sie fusionierten – aber laut Nein-Komitee sind über 100 neue entstanden, gesamthaft also circa 30 Titel mehr.

Bild: Darstellung auf Basis der Daten der Stiftung Werbestatistik Schweiz 2003-2021

Die Werbeeinnahmen würden zu den Internet-Giganten Facebook und Google fliessen, so die Befürworter des Pakets. Die Gegner hingegen sehen es etwas anders. So waren die Haupteinnahmequellen früher nicht die Abonnenten. Es seien die regionalen und lokalen Inserenten gewesen. Auch die Kleininserate für Autos, Stellen oder Immobilien gehörten dazu. Doch diese sind in digitale Inserateplattformen wie Homegate, JobCloud oder Ricardo, welche zur TX Group (Tamedia) gehören, ausgelagert. Früher halfen die Kleininserate, die Zeitungen zu finanzieren – heute tun das die digitalen Inserate nicht mehr.

Wohin wird das Geld fliessen?

Für das Medienpaket sind zu den bisherigen Fördergelder zusätzliche 151 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen – insgesamt werden die Medien also mit 287 Millionen Franken subventioniert. Davon gehen 30 Millionen an Online-Medien, 40 Millionen an die Frühzustellung abonnierter Zeitungen sowie an Sonntagszeitungen, 30 Millionen an die Zustellung von Verbands- und Vereinspresse, 50 Millionen für die generelle Zustellung abonnierter Zeitungen, 28 Millionen für alle Medien (besonders Ausbildung) sowie 109 Millionen für Lokalradios und Regional-TV.

Bild: BAKOM

Das ändert sich

Bisher werden Zeitungen mit einer Auflage von maximal 40'000 subventioniert. Diese Limite wird mit dem neuen Gesetz gestrichen, wonach auch alle grossen Zeitungen von diesen Subventionen (50 Millionen) profitieren – dies jedoch degressiv. Bedeutet: wer höhere Auflagen hat, bekommt auch weniger Geld vom Staat.

Neu werden zudem Sonntagszeitungen und Frühzustellungen finanziell unterstützt (40 Millionen). Dabei gebe es aber keinen oder wenige kleine Verlage, die eine Sonntagszeitung haben, wie die Gegner des Massnahmenpakets argumentieren.

Ebenfalls neu hinzu kommen die Online-Medien (30 Millionen). Diese haben jedoch gewisse Bedingungen. Beispielsweise muss sich das Angebot vorwiegend an eine schweizerische Leserschaft richten, der redaktionelle Anteil wird fortlaufend aktualisiert, ist klar von Werbung getrennt und enthält hauptsächlich Informationen zu politischen, wirtschaftlichen sowie sozialen Zusammenhängen und es muss ein noch zu bestimmender Mindest-Nettoumsatz erwirtschaftet werden (Spenden oder Abo-Einnahmen) – also werden Gratis-Online-Medien wie stgallen24 nicht vom Massnahmenpaket profitieren. Online-Medien bekommen jedoch höchstens 60 Prozent der Abo-Einnahmen als Subventionen zurückerstattet – grössere Medienhäuser erhalten auch hier prozentual weniger.

Zusätzlich wird auch die Finanzierung der Lokalradios und des Regional-Fernsehen weiter ausgebaut (109 Millionen). Doch hier würden die Kleinen mehr profitieren: Von 34 Stationen gehören vier zu einem grossen Medienhaus.

Wie viel bekommen die grossen Medienhäuser?

Laut den Gegnern bekommen die grossen Medienkonzerne über 70 Prozent der Subventionen, obwohl TX Group (Tamedia), Ringier und CH Media 2020 zusammen einen operativen Gewinn von 257,8 Millionen Franken erzielten. Die Befürworter aber behaupten, dass die indirekte Presseförderung künftig zu rund 75 Prozent an kleinere und mittlere Verlage gehen werde. Beispiel dafür sind die Unterstützungsbeiträge aus dem Jahr 2020: Nur 21 Prozent der indirekten Fördergelder gingen an CH Media, Ringier und Tamedia.

Nach Recherchen von «K-Tipp» würden von den 120 Millionen Franken, welche für die verbilligte Zustellung vorgesehen sind, 17,3 Millionen an Tamedia, 11,8 Millionen an CH Media und 3,4 Millionen an Ringier gehen. Doch wie viel wer genau bekommt, wäre erst klar, falls das Massnahmenpaket zugunsten der Medien angenommen würde.

pez/stgallen24