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Kommentar
Stadt St.Gallen
23.08.2023
24.08.2023 17:32 Uhr

«Kontakt zur Bevölkerung verloren»

Stephan Ziegler ist Chefredaktor der MetroComm AG, die stgallen24.ch betreibt
Stephan Ziegler ist Chefredaktor der MetroComm AG, die stgallen24.ch betreibt Bild: LEADER - das Unternehmermagazin
Der Entscheid des Stadtparlaments, die Engpassbeseitigung aus dem Richtplanentwurf zu streichen, sei ebenso falsch wie naiv, findet Stephan Ziegler: Er schadet nicht nur der Stadt, sondern auch der Bevölkerung.

Die linke Mehrheit des Stadtparlaments hat am Dienstag den Autobahnanschluss Güterbahnhof kurzerhand aus dem Richtplanentwurf gestrichen.

Begründet wird die Hauruckaktion gegen den Willen von Stadtregierung, Kanton und Bund – wie könnte es anders sein – mit dem «Klima»: Wenn man die Klimaziele erreichen wolle, könne es keinen fünften Autobahnanschluss mitten in der Stadt geben, sagte etwa Christian Huber von den Jungen Grünen. Und er holte ein ebenso altes wie falsches Argument aus der Mottenkiste: «Mehr Strassen bedeuten mehr schädlichen Individualverkehr.»

Nein, nicht mehr Strassen bedeuten mehr Verkehr, sondern mehr Einwohner

Und wie sich wahrscheinlich auch bis zu den Grünen herumgesprochen haben dürfte, sind wir auf dem Weg zur 10-Millionen-Schweiz, während unser Strassennetz noch auf die Hälfte ausgerichtet ist.

Solche und ähnliche Äusserungen sind typisch für Politiker, die den Kontakt nicht nur zur Realität, sondern auch zur «normalen» Bevölkerung verloren haben.

Sie können sich nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die von Berufs wegen auf das Automobil angewiesen sind – aktiv, als Pendler oder Handwerker etwa, oder passiv, als Detailhändler oder Gastronomen, die auf Kundschaft von ausserhalb zählen. Und sie wollen sich nicht eingestehen, dass mehr Strassen weniger Stau und damit weniger Lärm und Dreck bedeuten.

Der Irrglaube, mit immer mehr Verkehrsschikanen in der Stadt das «Klima» retten zu können, ist ebenso naiv wie gefährlich

Aktionen wie der Widerstand gegen die Engpassbeseitigung gefährden Wohlstand, Attraktivität und Lebensqualität in der Stadt. Auf den weltweiten CO₂-Ausstoss hingegen haben sie null Einfluss.

Die Vollbremser im Parlament träumen von einer grünen, autofreien Zukunft. Sie vergessen dabei die Menschen, die auf das Auto und einen ungehinderten Verkehrsfluss angewiesen sind. Und sie vergessen, dass es die zahlreichen Unternehmen, Gaststätten und Läden sind, welche die Stadt für Arbeitnehmer und Besucher attraktiv machen.

Diese sind aufs Auto angewiesen, denn es ist bekannt, dass sich die Bevölkerung ihren fahrbaren Untersatz nicht wegschikanieren lässt – sie fährt dann halt einfach woanders hin, wo ihr das Einkaufen, Arbeiten oder Einkehren nicht so schwer gemacht werden. Und die Stadt verliert weiter an Arbeitsplätzen, Attraktivität und Steuersubstrat.

Wer von der linken Parlamentsmehrheit lieber Lastenvelo als Auto fährt, soll das gerne tun

Nur sollen die Verkehrsegoisten ihre Utopie einer grünen Zukunft nicht auf dem Buckel des arbeitenden Volkes ausleben. Etwas mehr Augenmass und Verständnis für die Bedürfnisse anderer würde dem Stadtparlament gut anstehen.

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stz.
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