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Stadt St.Gallen
03.04.2023

«Ich war für niemanden eine Gefahr»

Die Werke der Iranerin Samaneh Atef bilden den Schwerpunkt der Ausstellung.
Die Werke der Iranerin Samaneh Atef bilden den Schwerpunkt der Ausstellung. Bild: sir
Das Open Art Museum in St.Gallen eröffnet eine Outsider-Art-Ausstellung. Den islamisch geprägten Werken stehen diejenigen eines Schweizers gegenüber und regen zum Perspektivenwechsel über das «Andere» an.

Neuer Name, neue Einrichtung und seit dem 30. März auch eine neue Ausstellung. Das Open Art Museum in St.Gallen präsentiert nach seiner Neuausrichtung Anfang 2023 jetzt die Ausstellung «Outsider Art – unter dem Halbmond». 

Der Museumsidentität entsprechend sind die ausgestellten Werke Teil der Outsider Art, auch unter «Art Brut» bekannt. Die Ausstellung ist der dritte Teil einer Trilogie, der eigentlich im Jahr 2020 seine Premiere hätte feiern sollen. Corona sowie die problematische Iranpolitik verhinderten dies, aber die Thematik sei dennoch aktueller denn je.

Unfreiwillige Emigration

Die iranische Künstlerin Samaneh Atef bildet den Schwerpunkt der Ausstellung, umringt von 24 weiteren Künstlern aus dem Nahen Osten. Atef litt unter einer Depression und fand im Erstellen ihrer Werke eine Art Medizin dagegen. Ohne jegliches theoretisches Hintergrundwissen bringt sie ihre Gedanken und Gefühle auf ein weisses Blatt.

«Ich bin keine politische Künstlerin», sagt die 34-Jährige. Trotzdem musste sie ihr Heimatland verlassen, als sich die politische Situation im Iran zuspitzte, und nach Frankreich gehen. Sie macht weiter, erzählt malerisch von den Ereignissen in der Gesellschaft, in der sie aufwuchs und erklärt: «Ich sehe keinen Unterschied zwischen Männer und Frauen.»

Das sind Gefühle, die Atef zu Hause mit niemandem teilen konnte. Ihre Kunst erlaubt ihr einen Weg, um der Welt etwas zu zeigen. Sie sei stolz auf den Widerstand der iranischen Bevölkerung vor Ort und warte darauf, dass sie zurückkönne. «Ich vermisse mein Land sehr fest.»

Das «Andere»

Atef ist ein Beispiel für «outside», indem sie ausserhalb ihrer Heimat leben muss. Es gibt zahlreiche andere Arten von «Outside»-Kunst. Alle farbigen, wirren sowie detailreichen Schicksale und Geschichten sind einzigartig: das Auf und Ab eines Türken in Holland, die Heimatlosigkeit auf Landkarten oder das Gemälde eines Obdachlosen, der nichts von der aktuellen Ausstellung in St.Gallen weiss.

  • Das Buch über Peter Wirz' «Wirziana» wurde von dessen Neffen Andres Müry geschrieben. Bild: sir
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  • Museumsleiterin Dr. Monika Jagfeld berichtet über die Ausstellung. Bild: sir
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  • Die Bilder von Mehrdad Rashidi drücken seine Heimatlosigkeit künstlerisch auf Weltkarten aus. Bild: sir
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  • Die Ausstellung «Outsider Art unter dem Halbmond». Bild: sir
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  • Verschiedene Techniken, Muster, Figuren und Geschichten: Jedes Werk beschreibt einen einzigartigen Blick auf «das Andere». Bild: sir
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Museumsleiterin Dr. Monika Jagfeld erläutert die wichtige Nachricht hinter der Ausstellung. Es gehe um einen Perspektivenwechsel, um die Frage «Wie definiert sich das Andere?». Man sei immer in seiner eigenen Kunst. Vor allem aus unserem Teil der Welt schaue man durch eine westliche Brille. «Der Kontext für das Kunstschaffen ist enorm wichtig», sagt Jagfeld. «Der kulturelle Kontext im Orientalismus beispielsweise ist anders als unserer.»

Kontinent Wirziana

Der Kunst unter dem Halbmond wird auf demselben Stockwerk die Arbeit des Schweizers Peter Wirz gegenübergestellt. Der Art-Brut-Künstler lebte von 1915 bis 2000 und verarbeitete seine Misere in Zeichnungen, die einen eigenen Kontinent bilden.

Wirz’ Leben war geprägt durch seine Eltern, die kein Interesse an ihm zeigten. Der Vater war ein bekannter Ethnologe und verbrachte seine Zeit in Neuguinea. Peter Wirz arbeitete ein Grossteil seines Lebens als Hilfsgärtner, gequält von der Frage «Wieso bin ich ein Verdammter?».

Einige sagten ihm Schizophrenie nach, andere einen Hang zum Exhibitionismus. Wirz erfuhr eine Ohnmacht und ermächtigte sich durch das Malen selbst. In seinen Bildern sind die Kindheit beim Pfarrer-Onkel, das bewegte 20. Jahrhundert und die Vernachlässigung seiner Eltern zu finden.

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sir/stgallen24
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