Im ersten Teil der Serie legen wir die kurzen historischen Grundlagen über das östliche Stadtgebiet, wie es sich von der Gemeinde Tablat zum Stadtteil St.Gallen-Ost entwickelte und schauen auf das Quartier Neudorf in den 1930er-Jahren.
Die Gemeinde Tablat: vom Dorf zum Stadtquartier
Das Gebiet der Gemeinde Tablat gehörte im Mittelalter und der Frühen Neuzeit zum Herrschaftsgebiet des Fürstabtes von St.Gallen. Zu Tablat gehörten unter anderem die Siedlungen St.Fiden, St.Georgen und Neudorf. Mit der Eingemeindung von 1918 wurde das Gebiet schliesslich Teil der Stadt St.Gallen und gehört seitdem politisch zum Stadtkreis St.Gallen-Ost.
Tablat war nie ein grosses Dorf, sondern es bestand aus vielen Dörfern, die durch Wälder, Wiesen und Felder getrennt und landwirtschaftlich geprägt waren. Ein grosser Industrialisierungsschub erfolgte im Laufe des 19. Jahrhunderts durch die Stickerei-Industrie. Die Fabriken mit ihrem Schmutz, Lärm und grossem Flächenbedarf wurden oftmals in stadtumliegenden Gemeinden, zum Beispiel in Tablat, angesiedelt.
Der industrielle Aufschwung führte zu einem starken Bevölkerungswachstum auf Tablater Gebiet: Im Jahr 1837 betrug die Einwohnerzahl ungefähr 4100 Menschen auf dem Gemeindegebiet, 1910 bereits über 22'000. Die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte stieg stark an und betrug im Jahr 1910 circa 40 Prozent, es waren vor allem Deutsche, Österreicher und Italiener.
Sie lebten in ärmlichen Verhältnissen und mussten zu tiefen Löhnen arbeiten. Berüchtigt war das Gebiet um den Bahnhof St.Fiden, in denen die Arbeiter in billigen Blockblauten (Mietskasernen) lebten. Eine effizientere Anbindung an das Stadtzentrum erfolgte bald durch den Bau der Trambahn, die im Jahr 1897 ihren Betrieb aufnahm.
Neudorf
Blicken wir als erstes in das Quartier Neudorf. In den 1770er-Jahren baute der damalige Abt des Klosters St.Gallen eine neue Strasse von St.Fiden bis zum Brühltor in der Stadt. Auf alten Plänen wird sie als Landstrasse nach Rorschach bezeichnet, wir kennen sie heute als Rorschacherstrasse.