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Stadt St.Gallen
07.05.2022

Leadership – eine Frage des Geschlechts?

Anjan Sartory
Anjan Sartory Bild: Stapo SG
Das St.Galler Stadtparlament möchte die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere der städtischen Angestellten verbessern. Darauf gestützt schrieb Anjan Sartory von der Stadtpolizei St.Gallen seine Masterarbeit. Er erarbeitete darin einen Plan mit 27 Empfehlungen für mehr Frauen in Führungspositionen der Polizei, von denen ein Drittel bereits in der Umsetzung sind.

Anjan Sartory ist ehemaliger Elektroingenieur und heute Leiter der Verkehrs- und Sicherheitspolizei sowie zweiter stellvertretender Kommandant der Stadtpolizei St.Gallen. Basierend auf dem Ziel des Stadtparlamentes, bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere zu schaffen, setzte er sich im Zusammenhang mit seiner Weiterbildung intensiv mit dem Thema auseinander. Dabei entstand seine Masterarbeit mit dem Titel «Die Förderung von Frauen (unterschiedlicher Altersgruppen bzw. Lebensphasen) in Führungspositionen bei der Polizei».

In seiner Arbeit für seinen «Executive Master of Business Administration» an der OST strebt Sartory nicht die Einführung einer Frauenquote an, sondern möchte Anreize für einen Kulturwandel schaffen. Hierbei soll die Nutzung von geschlechterspezifischen Stärken bei einer vielfältigen Zusammensetzung des Kaders zu geschäftsrelevanten Vorteilen führen.

Anjan Sartory hat herausgefunden, dass bei der Stadtpolizei St.Gallen Frauen auf Führungsebene mit einem Anteil von 15,8 Prozent zu finden sind

Ein weiterer Punkt der Analyse zeigt, dass nur ein kleiner Teil der Polizistinnen die geforderten Dienstjahre (fünf Jahre ab Ende Polizeischule) für die Bewerbung in eine Führungsposition erfüllen, und noch weniger davon die geforderte Qualifikation bei einem Beschäftigungsgrad von mindestens 80 Prozent leisten.

In seiner Masterarbeit zeigt er, was das Polizeikorps tun kann, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. In Verbindung mit Fachliteratur, Interviews und bestehenden Grundlagen hat Sartory einen Plan mit 27 Massnahmen erstellt. Davon sind rund ein Drittel bei der Stadtpolizei St.Gallen bereits umgesetzt oder mindestens aktiv in Bearbeitung. Dazu fanden interne Umfragen und Workshops auf verschiedenen Ebenen statt.

Aus Sartorys Masterarbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit der OST – Ostschweizer Fachhochschule, an der er seinen MBA absolviert hat, und dem Verband Schweizerischer Polizeibeamter das Projekt «Zukunftsorientierte Führungskultur bei der Polizei – Equal Leadership». Darin geht es um die drei Handlungsfelder «Entwicklung der Führungskultur», «Vorgehensweise und Instrumente der Personalauswahl und -förderung» sowie «Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben im Polizeiumfeld». Die OST treibt dieses Projekt nun mit verschiedenen Polizeikorps aus der ganzen Schweiz weiter voran.

Anjan Sartorys 27-Punkte-Plan für mehr Frauen in polizeilichen Führungsfunktionen

 

Set-up der Struktur

1* Sensibilisierung der Korpsleitungsmitglieder (KL) und Festlegung eines Zeitplans

2* Festlegen der strategischen kurz- und mittelfristigen Ziele

3* Auswertung und Präsentation einer im August 2020 durchgeführte Umfrage zum Thema «Vereinbarkeit von Familie und Beruf» von «pro Familia»

4* Auswahlgremium für die Personalgewinnung für Polizeischule ergänzen durch erfahrene Fachfrau

5 Auswahlgremium für Personalführungspositionen und die Spezialfunktion SE ergänzen durch erfahrene Fachfrau

6 Zielvorgabe Anzahl der Polizistinnen für die kommenden Polizeischulen festlegen

7 Präsentation der konkreten strategischen Ziele, Erwartung an die Mitarbeitenden, Vorgehen bezüglich dieses Themas

8 Konzept erstellen mit dem Ziel, externen Frauen den Polizeiberuf allgemein «schmackhaft» zu machen und intern Vorbilder für Frauen als Führungspersonen darstellen. Aufbau einer «Willkommenskultur»

9 Präsentation Ziele, Kommunikation der Haltung und Erwartungen an die Führung

Umsetzung der Strategie

10 Zusammentragen, welche Polizistinnen in Arbeitsgruppen mitwirken

11* Haltung Korpsleitung abholen / Überprüfung Ziele und Zeitplan

12 Stereotypenreduzierte Gestaltung von Stellenausschreibungen für die Polizeischule und interne Stellen

13 Auswahlkriterien für Personalführungspositionen und Spezialfunktionen gendergerecht formulieren

14* Überprüfung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten für die Mitarbeitenden des Schichtdienstes, d.h. Möglichkeit vor 0600 Uhr zu bringen, nach 1900 Uhr wieder abzuholen, kurzfristiges Bringen, usw.

15* Überprüfung, ob die Entlohnung bei der Stapo gendergerecht erfolgt

16 Analyse, warum die Polizistinnen, welche den Frontbereich oder das Korps innerhalb der letzten 5 Dienstjahren verlassen haben

17 Analyse über die Gründe wieso Frauen mit Kindern im Gegensatz zu Männern eher Teilzeit arbeiten

18 Erarbeitung von Möglichkeiten, wie Wiedereinsteigerinnen in der Karriere berücksichtigt werden können. Wie kann die Leistung als Familienmanagerin anerkannt werden

19 Erfolg der Diversitätsmassnahmen regelmässig prüfen, bei Bedarf Korrekturen einleiten und Notwendigkeit von weiteren Workshops/Schulungen prüfen

20 Durch eine vertiefte Masterarbeit Erstellung eines Programmes zur Förderung von Frauen in Führungspositionen bei der Stapo. (Einstieg in die Personalführung schaffen, was können Polizistinnen selber tun. Vertiefte Bearbeitung der Themen Mentorin, Coaching, Rituale, Stolpersteine, usw. sowie das Thema Aufbau Frauen-Netzwerk. Was für Kurse, Massnahmen, usw. würden die Strategie unterstützen)

21 Erhalt von Polizistinnen an der Front analysieren

22* Konsequenzen aus den Massnahmen 15, 17, 21 einleiten

23* Präsentation Ziele und konkrete Umsetzung der Frauenförderung im Korps auf Führungsstufe

24 Präsentation Ziele und konkrete Umsetzung der Frauenförderung im Korps auf Stufe Mitarbeitende

Förderung der Kulturentwicklung

25 Leitlinien erarbeiten, was unter fehlbaren Äusserungen und Handlungen verstanden wird

26 Entwickeln einer Unternehmenskultur, Vorbilder schaffen für Polizistinnen

27* Stärkung der internen und externen Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema und der darauffolgenden Masterarbeit. Temporäre Aufstockung der Kommunikation durch eine Polizistin mit ca. 30-40 Prozent

 

Die Punkte mit * werden bei der Stadtpolizei St.Gallen bereits bearbeit oder sind schon umgesetzt

Michelle Guilfoyle, Verbandszeitschrift police des VSPB/Stephan Ziegler, stgallen24
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