Hätten Sie es gewusst? Dass der Christbaum früher Paradiesbaum genannt wurde? Und dass er bis vor etwa 150 Jahren ausschliesslich mit Äpfel, Nüssen, Backwerk und kleinen Papp- oder Holzfiguren behängt wurde? Oder dass bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Norddeutschland Figuren von Adam und Eva sowie eine Schlange zum Christbaum gehörten? Denn nach neuesten Erkenntnissen der Forschung hat sich unsere weihnachtliche Wohnzimmernordmanntanne aus dem Paradiesbaum entwickelt, der bei den mittelalterlichen Paradiesspielen am 24. Dezember verwendet wurde.
Von Äpfeln, Glaskugeln und Lametta
Gebäck und Zuckerzeug am Baum
Neben den hauptsächlich als Schmuck verwendeten Äpfeln wurden früh auch Gebäck und Zuckerzeug an den Baum gehängt, wehalb der Weihnachtsbaum regional auch Zuckerbaum genannt wurde. Neben diesen Elementen spielten dann bald auch vergoldete und versilberte Elemente eine Rolle, vor allem Äpfel und Nüsse. Jedes Jahr stellte die Familie selbst den neuen Christbaumbehang her. Gewerblich hergestellten Baumschmuck gab es noch keinen.
Was sich mit der Erfindung des Glasschmucks und des später dazu gekommenen Lamettas änderte. Doch wer erfand eigentlich die gläsernen Kugeln? Der Legende nach war es ein armer Glasbläser aus dem im ostdeutschen Thüringen gelegenen Städtchen Lauscha, der sich die damals im Winter sehr teuren Äpfel und Baumnüsse nicht leisten konnte. Um seiner Familie dennoch etwas für Weihnachten mitbringen zu können, habe er deshalb Olitätenfläschchen zu den ersten Christbaumkugeln aufgeblasen. Man schrieb das Jahr 1847. Und wenn diese Geschichte nicht wahr ist, so ist sie zumindest gut erfunden.
Weihnachtlich-adventlicher Siegeszug
Alte Auftragsbücher eines Lauschaer Glasbläsers vermerken jedenfalls für das Jahr 1848 einen Auftrag über sechs Dutzend «Weihnachtskugeln» in verschiedenen Grössen. Von da an war der weihnachtlich-adventliche Siegeszug des Glasschmucks nicht mehr aufzuhalten.
Doch wie kam der Silberglanz auf das Glas? Die Glasbläser nutzten eine schwer gesundheitsschädigende Legierung aus Zinn und Blei. Erst ab 1870 wurde Silbernitrat benutzt, das bis heute die Spiegel zum Reflektieren bringt. Dem deutschen Chemiker Justus von Liebig gelang die Entdeckung des Verfahrens, mit dem die Glaskörper mit der Silberlösung beschichtet werden konnten.
Als der US-Grosshändler Frank Winfield Woolworth, der Gründer der Woolworth-Kaufhauskette, die ersten Christbaumkugeln in die USA importierte, entstand in Thüringen eine regelrechte Glaskugelschmuckindustrie. So wird in Lauscha heute noch in traditioneller Handwerkskunst der gläserne Christbaumschmuck hergestellt, wobei der Grossteil heutzutage aus minderwertiger Ware aus Südostasien besteht.
Lametta aus Nürnberg
Das Lametta wurde 1878 als Neuerung in Nürnberg entwickelt. Als Christbaumbehang symbolisierte Lametta das Aussehen von Eiszapfen oder Engelshaar und wurde lang nur in silberner Farbe, später dann auch als Goldlametta hergestellt. Wer je dabei war, wie einer Katze in der ach so friedlichen und ruhigen Weihnachtszeit unter dem Schwanz ein Stückchen Lametta herausschaute, der weiss, dass dieses Glitzerzeugs in Haushalten mit Tieren nicht zu suchen hat. Und ein heisser Tip für alle Tierfreunde. Sollte Ihr Hund oder Ihre Katze doch einmal ein Lametta gefressen haben und Obiges passiert: Keinesfalls daran ziehen, sondern sofort zum Tierarzt.
Eine Frage rund um den Weihnachtsschmuck ist noch zu klären: Wie kamen die Kerzen auf den Baum? Dieser Brauch kam im 17. Jahrhundert im gehobenen Bürgertum erstmals auf. Damals noch eine meist rauchige und nach heutigen olfaktorischen Gewohnheiten eher stinkende Angelegenheit. Denn Bienenwachs war knapp und teuer. So wurde häufig Talg, also Tierfett, in Baumnusshälften gegossen. Erst die Erfindungen von Stearin und Paraffin in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ermöglichten die Herstellung von Kerzen, die preisgünstig waren und auch den ärmeren Bevölkerungsschichten einen leuchtenden Baum ermöglichten.
Die ersten elektrischen Kerzen
Die ersten Kerzenhalter wurden erst 1867 patentiert und kamen in den USA 1879 als Klemmhalter auf den Markt. Bis dahin wurden in den reicheren Schichten die Kerzen mit heissem Wachs direkt an den Zweigen befestigt oder mit Nähnadeln befestigt.
Der nächste grosse Schritt kam mit der Erfindung der ersten elektrischen Christbaumkerzen, die durch die General Electric Company im Jahr 1901 erstmals beworben wurden. Und heute? Haben die LED-Lichterketten die Hausbrandgefahr durch echte Kerzen aus den weihnachtlichen Haushalten vertrieben. Der Preis dafür sind der Verlust der Romantik eines mit sanft leuchtenden Wachskerzen geschmückten Baums samt funkensprühender Wunderkerze.